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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

unteren Sees drängten sich hinein, ihn noch einmal zu sehen, der schon bei Lebzeiten Gegenstand der Volkssage war und es mit seinem dunklen Tode für kommende Jahrhunderte geworden ist. –

Ueberblickt man nun sein Leben und Wirken, wie es das Kobellsche Buch so lebendig darstellt, so kann man sich der Wehmut nicht erwehren darüber, daß so viel Kunstsinn und Kunstbegeisterung sich nicht, wie bei Ludwig I, in den Dienst seiner Zeit und seines Volkes stellte. Ueber 20 Jahre lang entwickelte sich die eigentliche Münchner Kunst aus eigener Kraft, unbeachtet und ungefördert von einem Fürsten, der viele Millionen für seine eigenen Kunstzwecke verbrauchte und damit doch nur Kuriositäten geschaffen hat, die der Fremdenstrom alljährlich abpilgert, die aber unter ihren vielen Bildern und plastischen Figuren kein bedeutendes, in die Kunstgeschichte eingreifendes Meisterwerk aufweisen. Diese hatte man während Ludwigs Regierung in den großen Ausstellungen und der Galerie Schack zu suchen, denn die neue Pinakothek mußte jahrzehntelang in unverändertem Zustand verharren, fast ohne Zuwachs neuer Bilder.

Immerhin zählen die „Königsschlösser“ zu den großen bayrischen Sehenswürdigkeiten und enthalten eine Menge kunst- und wertvoller Arbeiten, deren vortreffliche Abbildungen den Text des Kobellschen Buches aufs beste erläutern. Es ist dasselbe die Frucht langer und mühsamer Arbeit und wird unter den Quellen zu Ludwigs II Geschichte einen hervorragenden Platz einnehmen, denn keine frühere Veröffentlichung brachte je eine solche Fülle authentischer Züge von dem schönen, schwärmerischen, unglücklichen Bayernkönig, dessen Figur bis auf den heutigen Tag nicht aufgehört hat, die Phantasie seines Volkes und vieler anderer Deutschen zu beschäftigen.

Bei dem bestimmten Programm: „Ludwig II und die Kunst“ hatte die dem bayrischen Königshaus warm und treu ergebene Verfasserin ein Recht, Ludwigs traurige letzte Zeiten mehr andeutungsweise als in ausführlicher Darlegung zu behandeln. Sie zeigt dafür sein früheres Wesen, die lebhafte Begeisterungsfähigkeit, die große Idealität und geistige Regsamkeit des jugendlichen Herrschers, den so wenige nur gekannt haben, während unzählige nach seinem furchtbaren Tode in Erschütterung standen vor diesem tragischen Menschen- und Königsschicksal!




Der Palmengarten zu Leipzig.

Von Max Hartung.0 Mit Illustrationen von Ernst Kiesling.

Das Gesellschafts- und Palmenhaus.
Erbaut von Schmidt und Johlige, Architekten in Leipzig.

Im Westen der alten Lindenstadt Leipzig, dicht vor den Stadtteilen Lindenau und Plagwitz, ist auf dem früheren Kuhturmgrundstück und dem angrenzenden Waldgebiet am 29. April d. J. der Leipziger Palmengarten eröffnet worden. Wenn wir durch den südlichen der beiden Zugänge, von der Plagwitzer Straße her, in die rund 200000 qm umfassende Anlage eintreten, befinden wir uns in schattigem Waldparke, aus dem wir auf einer Brücke über die Elster in den eigentlichen Palmengarten gelangen. Links führt der Weg auf einen Hügel hinauf, von dem wir einen überraschend schönen Anblick genießen. Unter weiser Ausnutzung der zu Gebote stehenden Mittel hat die Kunst des Gärtners ein Landschaftsbild hervorgezaubert, das mit allen Reizen der Natur ausgestattet ist.

Vor uns dehnt sich ein blinkender Weiher, über dessen schmale Ausläufer sich zierliche Brücken spannen und der von weiten samtenen Rasenplänen umrahmt ist, die mit buntem Gehölz und formschönen Koniferengruppen umsäumt sind. Hier und dort schiebt sich ein malerischer Pavillon dazwischen, und aus dem Hintergrund grüßt das hohe Gesellschafts- und Palmenhaus wie ein Schloß zu uns herüber.

Von dem Hügel, dessen Inneres eine Felsgrotte bildet, rauscht ein Wasserfall in den Weiher hinunter. Grotte und Wasserfall erglänzen bei Einbruch der Dunkelheit in elektrischem bunten Lichte. Ein anziehendes Schauspiel bietet die Leuchtfontäne dar, die aus der Mitte des Weihers ihre mächtigen Wassergarben emporschleudert, deren wechselvolles Spiel am Abend in märchenhafter Farbenpracht elektrisch erstrahlt. Im Sommer werden sich Gondeln mit fröhlichen Menschen auf dem Wasserspiegel schaukeln und im Winter, wenn „vom jungen Froste die Bahn ertönt“, werden der Jugend rotwangige Scharen auf sausendem Stahlschuh über die blanke Eisfläche dahingleiten.

Promenadenwege führen, wenn wir uns rechts halten, nach dem Rosengarten, in dem die Königin der Blumen in allen möglichen Spielarten durch Farbenpracht und Duft Sinne und Herz erfreuen wird. Wir gelangen an einem Turn- und Spielplatze für die Jugend vorüber zu den Frühbeetanlagen und Gewächshäusern für Palmen- und Warmhauspflanzen sowie zur Vermehrung und Anzucht von Teppichbeet- und Gruppenpflanzen. In eine dieser stillen Werkstätten des Gärtners schauen wir beim Vorüberschreiten hinein. Da drinnen geht es ziemlich bunt zu. Tausenden farbiger Pflänzchen wird hier im warmen feuchten Sande auf die Wurzeln geholfen. Es ist das Atelier, in dem der Gartenkünstler seine Farben mischt, mit denen er die herrlichsten Teppichgemälde ausführt.

Doch nun wieder weiter! Indem wir Verwaltungs- und Restaurationsgebäude rechts liegen lassen, gelangen wir durch den Konzertpark hinüber zum Glanzpunkt der ganzen Anlage, dem von breiten Terrassen umgebenen und mit vier Türmen geschmückten Gesellschafts- und

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0340.jpg&oldid=- (Version vom 5.9.2020)