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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Prüfungen gebracht. Allerlei ansteckende Krankheiten, namentlich die Pocken, decimierten die Bevölkerung, und der Stamm scheint mehr und mehr seinem Untergange entgegenzugehen. Die Vorfahren der heutigen Karoliner scheinen mehr Energie und Thatkraft besessen zu haben; auf einigen der Inseln findet man Ruinen aus Basaltsteinen errichteter Mauern, die davon zeugen, daß hier einst ein stärkeres Geschlecht gewirkt hat.

Hafen von Yap.

Weiter nördlich von den Karolinen liegen die Marianen. Sie wurden von Magellan auf seiner Ruhmesfahrt durch den Stillen Ocean entdeckt und von ihm Ladronen, d. h. Di[e]bsinseln, genannt, weil die Eingeborenen ihm übel mitgespielt hatten. Dieser Inselschwarm hat insgesamt einen Flächeninhalt von etwa 1200 qkm und nur 10 000 Einwohner. Zum Teil sind die Inseln korallinisch, zum Teil vulkanisch. Auf den nördlichen sind die Feuerberge noch heute thätig. Die niedrigen Inseln zeichnen sich durch Fruchtbarkeit aus und weisen neben Reis- und Maisfeldern Baumwolle-, Kakao- und Zuckerrohrpflanzungen auf. Die Eingeborenen waren in vielfacher Hinsicht den Karolinern ähnlich, haben aber ihre Eigenart zumeist abgelegt, da die Bevölkerung längst zur katholischen Kirche bekehrt worden ist. Auf der größten der Inseln, Guam oder Guajam, die in den Besitz Amerikas übergegangen ist, befand sich der Sitz des spanischen Gouverneurs.

Der Regenpik auf Ponape.   Dorf auf Kusai.

Der Kaiser kommt! (Zu dem Bilde S. 392 und 393.) Nur eine Minute soll der kaiserliche Zug an der Station des in den Bergen malerisch gelegenen Städtchens halten. Zu einem festlichen Empfang mit langen Reden wird die Zeit nicht reichen, aber ohne ein Zeichen der Liebe und Verehrung darf der Kaiser die Stadt nicht passieren. Mit einigen kernigen Worten und einem Hurra wird ihn der Bürgermeister begrüßen und ein Töchterchen der Stadt ihm den Blumenstrauß überreichen. Sehr frühzeitig, lange vor der Ankunft des Zuges, haben sich Behörden und Einwohner auf der Station versammelt und jeder wahrt beharrlich den günstigen Posten, den er auf oder neben dem mit Laubgewinden geschmückten Zaune gewonnen hat. Zum Glück herrscht ein prächtiges „Kaiserwetter“ und die Sonne verklärt mit ihrem Glanze die alten Türme und Mauern des Städtchens, das schon in alten Zeiten manchen Kaiser in seinen Thoren begrüßt hat.

Mammutfunde. (Zu dem Bilde S. 409.) Seit alten Zeiten fand man in verschiedenen Ländern Europas beim Graben im Erdreich gewaltige Knochen, die keinem der jetzt lebenden Wesen angehörten und für Gebeine vorweltlicher Riesen gehalten wurden. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft erkannte man, daß jene Knochen von einer Elefantenart herstammen, die gegenwärtig ausgestorben ist, in vorgeschichtlicher Zeit aber in großen Massen die nördlicher gelegenen Gebiete der Erde bewohnt hat. Man nannte das Tier Mammut (Elephas primigenius). In Sibirien waren die Mammutreste so überaus häufig, daß die Stoßzähne des Mammuts zur Herstellung verschiedener Gegenstände benutzt wurden und seit altersher als fossiles, d. h. gegrabenes Elfenbein einen wichtigen Handelsartikel bildeten. Von dort kam auch die Kunde, daß in dem Eise noch vollständig erhaltene Leichen des Mammuts von den Eingeborenen gefunden werden. Das bewog die Petersburger Akademie gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts auf die Entdeckung solcher Leichen Preise auszusetzen. Gerade vor hundert Jahren, 1799, fand ein Tunguse in den Tundren des Lenaflusses eine solche Leiche. Er sägte ihr die Stoßzähne ab und verkaufte sie für 50 Rubel. Sieben Jahre darauf kam der Forschungsreisende Adams an jene Fundstelle. Der Kadaver war bereits von Hunden und wilden Tieren zerfleischt, aber Adams konnte noch die Knochen und Bänder, Stücke Haut, gegen 30 Pfund Haare, ein Auge und Reste von Eingeweiden sammeln, auch die Stoßzähne kaufte er den Jakuten ab. Diese kostbaren Reste wurden nach Petersburg gebracht, und das zusammengesetzte Skelett ist noch heute im kaiserlichen Naturalienkabinett zu sehen. Später wurden derartige Mammutfunde häufiger gemacht. Aus ihnen haben wir erfahren, daß das Mammut größer als der heutige indische Elefant war und auch längere bogenförmig gekrümmte Stoßzähne hatte; seine Haut war dicht mit Haaren bedeckt, und im Nacken und am Halse hatte es eine Art Mähne.

Diese Mammutfunde lehren uns, wie außerordentlich gut Tierleichen im Eise erhalten werden. Seit dem Tode jener Mammuts sind vielleicht Jahrtausende vergangen, aber die Kadaver sind so vortrefflich konserviert, daß die Eingeborenen das Fett verwerten und mit dem Fleische ihre Hunde füttern! Auch die Raubtiere Sibiriens, Wölfe und Eisbären, nähren sich von den Ueberresten des Mammuts, wenn sie zufällig durch Tauwetter bloßgelegt werden. *

Dur und Moll. (Zu unserer Kunstbeilage.) Hell und freudig hat die eine ihr Lied gesungen und horcht nun lächelnd, vom letzten Abendstrahl beschienen, dem Wiederhall drüben am Walde, während die andere in stillem Sinnen schwermütige Weisen ausdenkt, die erklingen werden, wenn die Dämmerung völlig niedergesunken ist und der Mondschein sich im nächtlichen See spiegelt. Zwei ungleiche Schwestern – jede hold und schön, untrennbar verbunden und doch so verschieden im Wesen und im Klang der Stimme wie – Dur und Moll. Bn.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0420.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2019)