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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

ist eine nationale Angelegenheit; freilich muß die Teilnahme rege bleiben, sollen ohne Reichshilfe bis zum 28. August die notwendigen 100000 Mark beisammen sein. Beiträge nimmt die Bankkommandite Kauffmann, Engelhorn u. Co. in Straßburg entgegen.

Das andere Nationaldenkmal, das für Straßburg in Aussicht genommen ist, gilt Kaiser Wilhelm dem Ersten. Der Plan zu demselben wurde schon bei der Feier von dessen hundertstem Geburtstag gefaßt. Damals wurde die Sammlung zunächst auf das Reichsland beschränkt. Jetzt hat sich unter dem Protektorate des Statthalters Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg ein Komitee gebildet, dessen Aufruf sich an das ganze deutsche Volk wendet. Wird doch das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Straßburg für alle Deutschen die gleiche Bedeutung haben; hat doch die Neuerstehung des Reichs, die Wiedergewinnung eines mächtigen deutschen Vaterlandes nirgends so greifbare Gestalt gewonnen wie in Elsaß-Lothringen und seiner Hauptstadt Straßburg. Metz, die lothringische Schwesterstadt, ist bereits geschmückt mit dem Standbilde des greisen Kriegshelden, das auf die Gefilde hinweist, wo die Heldenscharen unseres Volkes in unerschütterlichem Todesmut die Siegespalme unter seinen Augen errangen. In Straßburg, in der neuerblühenden alten Reichsstadt, wo die Kaiser Wilhelms-Universität die Söhne des Vaterlandes zu friedlichem Wettkampf vereint, da soll dem „verewigten treuen und fürsorglichen Vater des Volkes“, wie es im Aufruf heißt, „ein Denkmal des Friedens“ werden. Der Schatzmeister des Geschäftsführenden Ausschusses, Herr Hofapotheker Muncke, und die Oberrheinische Bank in Straßburg sind zur Empfangnahme der Beiträge ermächtigt.

Das Gilatier. (Zu der untenstehenden Abbildung.) In Mexiko und den angrenzenden Teilen der Vereinigten Staaten lebt eine eigenartige Krustenechse, von den Eingeborenen das Gilatier, von den Naturforschern Heloderma horridum genannt. Sie erreicht eine Länge von 60 cm, ist plump gebaut und erinnert in der Färbung an den Feuersalamander. Tagsüber verbirgt sie sich in Löchern unter den Bäumen und streift nur während der Nacht umher; kleine Frösche, Regenwürmer und allerlei Insekten bilden ihre Nahrung. Das Gilatier ist darum von besonderem Interesse, weil es die einzige giftige Eidechse ist. Die Eingeborenen fürchten es sehr und behaupten, daß sein Biß noch gefährlicher sei als der einer Giftschlange. Beobachtungen, die sowohl in der Heimat des Heloderma als auch in zoologischen Gärten in Europa angestellt wurden, haben jedoch gezeigt, daß jene Behauptung übertrieben ist. Der Biß des Gilatieres vermag wohl kleine Tiere, wie Frösche und Vögel, zu töten, beim Menschen erzeugt er in der Regel nur schlimme Wunden, die nach längerer Zeit in Heilung übergehen.

Das Gilatier.
Nach einer Originalzeichnung von A. Specht.

Umgarnt. (Zu dem Bilde S. 424 und 425.) Die Septembersonne des Jahres 1800 scheint über dem hübschen altväterischen Garten eines patrizischen Landhauses und streut ihre Lichter durch das Blattwerk auf die junge Gesellschaft, die den zum Nachmittagskaffee hergerichteten Tisch umgiebt. Noch ist Siestastunde, die Eltern haben sich ins Haus zu einem Schläfchen zurückgezogen, an Besuch denkt man eigentlich noch nicht. Kommt aber doch einer, von seinem ungeduldigen Herzen gezogen, absichtlich gerade zu der Zeit, wo die reizende Haustochter mit ihren Freundinnen allein im Garten ist, ei, so wird er eben nach Möglichkeit verwendet und muß sich noch glücklich schätzen für die Gunst, den bunten Strang halten zu dürfen, den ihm die Schöne leicht über die Finger streift. So sitzt er denn nun Aug’ in Auge mit ihr und betrachtet unverwandt ihr reizendes Gesicht, das strahlende Augenpaar und das halb neckende, halb verheißungsvolle Lächeln, mit welchem sie ihn nun schon geraume Zeit abwechselnd peinigt und beseligt. Er ist blind gegen alles Uebrige, sieht nicht den teilnehmenden Blick der älteren Freundin, welche das lose Getändel im Herzen mißbilligt, und nicht das anmutige Spiel der beiden anderen mit dem kleinen, nach Zucker lüsternen Sperling. Denn er ist völlig umgarnt, der gute Junge, und so schwach das Fädchen aussieht, das ihn hält – er wird lange brauchen, bis er fertig bringt, es zu zerreißen! … Bn.     

Heuernte auf Mönchgut. (Zu dem Bilde S. 433.) Es ist ein merkwürdiges Stückchen Erde, jener südlichste Teil Rügens, der durch den Mönchsgraben von der übrigen Insel geschieden wird. Als das alte Reddewitz 1295 aus dem Besitz des Hauses Putbus für 1100 Mark an die Cisterzienser von Eldena bei Greifswald überging, erhielt es den Namen Mönke- oder Mönncke-Gaudt, der sich bis heute in dem hochdeutschen Mönchgut erhalten hat, obwohl Kloster und Mönche längst dahin sind. Schon durch ihre gedehnte, singende Sprache unterscheiden sich die Mönchguter von den übrigen Bewohnern Rügens. Aber auch in Tracht und Brauch haben sie manches Alteigene bewahrt. Obwohl die neue Zeit, mit ihrem Streben nach Ausgleichung, der Erhaltung dieser Besonderheiten nicht günstig ist, kann man noch heute in Middelhagen, dem Hauptort des Landes, vornehmlich an Sonntagen oder bei Hochzeiten und anderen Festlichkeiten manches Bemerkenswerte sehen. Die Männer tragen von alters her die weiten weißleinenen Fischerhosen, die man auf unserem Bilde an dem heumachenden Bauern sehen kann. Die Strümpfe sind aus schwarzer oder brauner Wolle, die Jacke ist schwarz und mit großen Hornknöpfen verziert. Der runde Hut gehört ebenfalls zur Tracht, nur hat er oft einen niederhängenden Rand. Die Frauen und Mädchen tragen einen leinenen Rumpf ohne Aermel, darüber ein etwas feineres Gewand mit Aermeln. Der schwarze, oft mit farbigen Bändern besetzte Rock fällt in dicken schweren Falten herab. Die Strümpfe sind blau oder rot. Das bunt benähte Mieder ist vorn im Zickzack verschnürt. An Festtagen ist der Latz jedoch von roter Seide, mit Gold- und Silberfäden geschmückt. Ueber dem Busenlatz wird im allgemeinen noch ein dichtes weißes Tuch und darüber wieder ein schwarzes Kamisol getragen, das über der Brust zugeknöpft wird. Dieses und das Tuch haben die schmucken Mädel auf unserem Bilde während der harten Arbeit abgenommen. Dagegen tragen zwei von ihnen die Schürze, welche gemeinhin weiß ist. Besonders charakteristisch ist die hohe Mütze, sie wird auf eine weißleinene Unterhaube, von der nur ein schmaler Streifen sichtbar bleibt, gesetzt und ist dick mit Watte ausgepolstert. „Twei Aehl Rasch un ein Pund Wulle gifft eine gaude Padenhulle“ (Zwei Ellen Stoff und ein Pfund Wolle giebt eine gute Patenmütze), sagt der Mönchguter. Man kann sich vorstellen, wie schwer und heiß diese Kopfbedeckung sein muß. Das hindert aber nicht, daß sie sogar oft noch durch einen Strohhut gekrönt wird. Von der Mütze fällt ein langes schwarzes Band in den Nacken herab, das bei den Verheirateten die ganze Mütze einfaßt. Zum Zeichen tiefer Trauer wird ein weißes Tuch über die Mütze gezogen, das im Nacken zusammengesteckt wird. – Eine eigenartige Sitte ist es, daß die Mädchen sich selbst einen Mann wählen dürfen. Sie hängen dann am Sonntag vor dem Kirchgang ihre Schürze an die Thür; die jungen Männer, welche sich um die Besitzerin der Schürze bemühen, geben vorüber und das Mädchen sucht sich den Rechten, mit dem sie wohl vorder schon heimlich einig geworden ist, heraus. Man nennt das: „Na einen utstellen.“ Die Tracht des Burschen auf unserem Bilde, der mit dem vollen Fischnetz vom Strande heimkommt, zeigt schon den Einfluß der neuen Zeit. Deshalb scheint ihn aber die lustige Dirne oben auf dem Heuschober doch nicht ungern zu sehen. Sie wirft ihm einen mehr als wohlgefälligen Blick zu – wer weiß, ob sie nicht bereits am nächsten Sonntag nach ihm „utstellt“?! Dr. G. K.     

Prinz Eugen in der Schlacht bei Belgrad. (Zu dem Bilde S. 445.) Jener kleine Abbé, der Prinz Eugen von Savoyen, der nach dem Willen des stolzen „Sonnenkönigs“ ein Geistlicher werden sollte, hatte Frankreich verlassen, um seiner Neigung zum Kriegswesen zu folgen und unter Habsburgs Fahnen einer der gefeiertsten Kriegshelden seiner Zeit zu werden. Seine ersten Lorbeeren errang er im Türkenkriege; in der Schlacht, die zum Entsatze Wiens führte, zeichnete er sich aus, dann bei der Erstürmung Ofens, in der Schlacht bei Mohács und 1688 bei der Erstürmung Belgrads, wo er und der Kurfürst Max Emanuel zuerst in die Bresche eindrangen und schwer verwundet wurden. Das Bild des Malers Cloß, in dessen Hintergrund die Türme der stolzen Feste Belgrad sich erheben, führt uns aber in eine spätere Epoche, in das Jahr 1717, wo am 16. August Prinz Eugen die große Schlacht schlug, nach welcher die Feste Belgrad ihm die Thore öffnen mußte. Damals war er nicht mehr der jugendliche Held, der sich durch seinen Heldenmut zum General emporschwang; sein Name war schon mit den Lorbeeren des Feldherrn geschmückt, die er sich in den glorreichen Kriegszügen gegen sein zweites Vaterland, gegen Frankreich, das thörichterweise seine Dienste verschmäht hatte, in den großen Schlachten von Höchstädt, Turin und Malplaquet errungen. Durch diesen spanischen Erbfolgekrieg war Oesterreich, nach der Ueberzeugung der Pforte, so geschwächt, daß diese das Einschreiten der österreichischen Regierung zu Gunsten der von den Türken beraubten Venetianer glaubte wehren zu dürfen und der Großwesir mit Heeresmacht an die Donau rückte, wo er aber in der Schlacht bei Peterwardein eine schwere Niederlage erlitt. Bald darauf übernahm Eugen den Oberbefehl über die Oesterreicher und bezog ein Lager vor Belgrad, wo 20000 Janitscharen unter dem tapferen Mustapha Pascha standen; im Juli rückte ein von den Belagerten mit Jubel begrüßtes Ersatzheer von 150000 Mann heran. Prinz Eugen erkannte das Bedenkliche seiner Lage, aus welcher ihn nur die größte Kühnheit erretten konnte. Er erfuhr, daß aus der Festung heraus die Türken mit dem Ersatzheer gemeinsam einen Angriff auf das kaiserliche Lager eröffnen wollten, und kam ihm um einen Tag zuvor. Um Mitternacht brach das Heer aus seinen Verschanzungen auf, doch am Morgen lagerte sich ein dichter Nebel auf dem Schlachtfelde. Infolgedessen war der rechte Flügel zu weit vorgedrungen; in der Mitte der Schlachtlinie bildete sich eine bedenkliche Lücke. Das bemerkte Eugen, als der Nebel durch den Wind verweht wurde; der Feind war eben im Begriff, den rechten abgesprengten Flügel im Rücken und in der Flanke zu fassen. Da führte Eugen selbst sein

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 451. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0451.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2021)