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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Aus dem schwülen Grunde des Donauthales empor ins freie Hochland und seine Thäler zu wandern, bleibt aber immer das Schönste, was der städtische Sommergast hier unternehmen kann. Der Reiz jener waldigen Felsschluchten mit ihren tosenden Wassern ist unerschöpflich. Bald zieht der Weg durch eine so vollkommene und weltferne Waldeinsamkeit wie jene, die hoch über der wilden Ranna hinauf zum Falkenstein führt, oder er bietet in einer Kette von Wasserfällen und Stegen, von Hämmern und Mühlen Bilder des frischesten Lebens. Als ein wahres Prachtstück muß hier vor allem der untere Teil des Sarmingbaches genannt werden, dessen Wasser in überraschender Wucht und Fülle über gigantische, dunkelfarbige Felstrümmer herabstürzen. An seinen Ufern steht eine Reihe von alten Hammer- und Mühlenwerken, die sich mit ihren offenen Rädern, den triefenden, grünüberwucherten Gerinnen, den rauchenden Schloten und geflickten Dächern ebenso kühn wie malerisch in diese Wasser- und Felsenwelt hineingebaut haben (s. Abbildung 1 und 2 auf S. 497).

Versandetes Hammerwerk.

Manche liegen in tiefster Abgeschiedenheit wie das Idyll der „Braunen Mühle“ unweit von Waldhausen, das unser Zeichner stimmungsvoll auf Seite 497 (Abbildung 3) wiedergegeben hat, und auch an etlichen elegischen, verfallenen oder versandeten Hammerwerken, wie wir eines auf obenstehender Abbildung dargestellt sehen, fehlt es nicht. Betritt man das Innere einer der vielen lebhaften kleinen Sägemühlen (s. die obere Abbildung S. 501), so findet man es zwar von einem recht bescheidenen Leben erfüllt, doch auch diesem fehlt es nicht an poetischer Eigenart.

Von den Höhen grüßen zu den rauschenden Wassern Burgen herab; meist zerfallen wie der Wartturm bei Sarmingstein (s. Abbildung 4 S. 497), oder auch wohlerhalten wie der kühne Renaissancebau des Schlosses Clam (s. Abbildung S. 501), das seit drei Jahrhunderten im Besitze der gräflichen Familie Clam-Martinitz ist und dessen gewaltiger Bergfried weithin über das Land sieht. Nun glänzt auch die Donau wieder herauf, und über den dunklen Forsten des Hochlandes taucht die Reihe der fernen Hochalpen empor mit ihrem „Sehnsuchtsblau“ – um einen schönen Ausdruck Adalbert Stifters zu gebrauchen. Und auch für mancherlei leibliche Erquickung ist wohl gesorgt. Unterwegs locken die goldbraunen Tümpel und weißen Stürze des Baches unwiderstehlich in ihre Flut. Im Schutze moosiger Felswände, überhangen von Farnkräutern, blauen Glockenblumen und goldgrünem Gezweig, giebt es hier Badeplätze, wie sie sich Nixen, Dichter und Maler nicht anheimelnder wünschen können. Dichte Büsche von Heidelbeeren bieten ihre reiche Ernte dar, und im Hochlande oben empfängt uns eine Luft von köstlicher Frische und Würzigkeit; dem Durstigen winkt manches gute Wirtshaus mit Hammerwerk. Rosengarten, Weinlaube und kühlen Bieren. Hier umherzustreifen, womöglich in bunter Schar: mit fröhlichen Gesellen und einigen von den frischen und anmutigen Töchtern des Landes – das ist gar schön, am schönsten natürlich in den Tagen der eigentlichen Jugend. Aber auch später, wenn man schon einige Wanderjahre hinter sich hat, wird man inmitten der anregenden Fülle dieser Natur beinahe wieder der hoffnungsvolle junge Mensch, der wünschereich und zukunftssicher in die zu erobernde schöne Welt hinauszieht. Und daß das Mühlviertel Oberösterreichs kein übles Stück dieser schönen Gotteswelt ist – darauf möchten wir mit unserem Berichte gern überzeugend hingewiesen haben.




Der Lebensquell.
Erzählung von E. Werner.
(Fortsetzung.)


Die Sonne brannte heiß nieder auf den steilen, schattenlosen Felspfad, den die Maultiere langsam erstiegen. Drei Tage lang hatte der Sturm angehalten und die sonnige griechische Insel war gar nicht wiederzuerkennen gewesen, mit der schäumenden See ringsum und den flatternden Nebelschleiern an den Bergen. Jetzt aber war es wieder ruhig geworden auf dem Meere wie in den Lüften, und die Landschaft ringsum zeigte sich in der alten, leuchtenden Pracht.

Die kleine Gesellschaft, die auf dem Wege zu einem vielgerühmten, aber etwas entfernten Aussichtspunkte war, hatte sich in zwei Gruppen geschieden; voran ritt Frau von Wilkow mit Herrn Wellborn, und in einiger Entfernung folgten Robert Adlau und Geheimrat Rottenstein. Der letztere parlamentierte fortwährend mit dem Führer, der zum Glück etwas Deutsch verstand und das Tier am Zügel leitete. Er empfahl ihm immer wieder von neuem, es ja nicht loszulassen und vor allen Dingen zu verhüten, daß es durchgehe.

„Auf solchem Wege geht kein Maultier durch,“ sagte Adlau, der unmittelbar vor ihm ritt. „Es hat genug mit dem Klettern zu thun, aber da oben liegt ja schon das kleine Bergnest, in einer halben Stunde werden wir dort sein!“

„Das thut auch not,“ meinte der alte Herr, indem er sein Taschentuch hervorzog und sich den Schweiß abtrocknete. „Zwei Stunden sich langweilen in der Sonnenglut und zum Schluß noch dieser halsbrecherische Felsweg als Spezialvergnügen! Ich habe mir die Sache nicht so schlimm gedacht, sonst –“

„Hätten Sie uns nicht dazu angestiftet,“ ergänzte Adlau. „Diesmal tragen Sie allein die Verantwortung für jeden vergossenen Schweißtropfen. Mir lag gar nichts an der Partie, ich gab nur Ihrem ausdrücklichen Wunsche nach.“

Rottenstein widersprach nicht, er seufzte nur verstohlen. Es war ja richtig, er, der geschworene Feind aller unbequemen und anstrengenden Ausflüge, hatte den heutigen selbst angestiftet und trotz aller Hindernisse auch durchgesetzt. Der arme Geheimrat, der „auch einmal eingreifen wollte“, war längst zur Erkenntnis gelangt, daß dazu Talent gehörte, wie es seine selige Frau in so hervorragendem Maße besaß, das ihm aber völlig abging.

Zuerst hatte er Not und Mühe mit Robert gehabt, der durchaus nicht mit wollte, wie er denn überhaupt jede Gelegenheit vermied, die ihn zu einem längeren Zusammensein mit Elfriede von Wilkow zwang. Endlich gelang es, ihn zu

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0502.jpg&oldid=- (Version vom 25.7.2021)