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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

elektrischer Strom geleitet. Infolgedessen erhitzt sich der Draht, das Wasser verwandelt sich in Dampf, zersprengt, wenn es einen Druck von 10 Atmosphären erreicht hat, die Röhre und bricht dadurch die Kohle ab.

Shaw berechnet für eine Röhre von 9 cm Länge und 4 cm Weite die bei diesem Vorgang erzeugte Kraft auf 1 1/3 Tons. Das ist nun freilich viel geringer als die jedes anderen heute gebrauchten Sprengstoffs, und es ist deshalb fraglich, ob die auf dem vorher geschilderten Wege erreichte explosive Kraft auch zur Abbringnng einer sehr festen Kohle ausreicht. Immerhin würde durch den gleichzeitigen Gebrauch mehrerer solcher Explosionsröhren diesem Mangel zum Teil abgeholfen werden, vielleicht auch durch Verwendung größerer und stärkerer Röhren eine etwas größere Kraft erzielt werden können. Jedenfalls ist bei dieser Art der Sprengung jede Entzündungsgefahr für die Schlagwetter ausgeschlossen. Dr. –t.     

Das Gauß-Weber-Denkmal in Göttingen. (Mit Abbildung.) Zu den wichtigsten folgereichen Erfindungen, welche unser Jahrhundert der deutschen Wissenschaft zu danken gehabt hat, gehört die des elektromagnetischen Telegraphen durch die Professoren Gauß und Weber in Göttingen. Der große Mathematiker Karl Friedrich Gauß aus Braunschweig, wo er am 30. April 1777 zur Welt kam, war bereits Professor und Direktor der Sternwarte in Göttingen, als der Verkehr mit dem 1831 nach Göttingen berufenen genialen Physiker Wilhelm Eduard Weber ihn auf das Studium des Erdmagnetismus führte. Weber, geboren am 24. Oktober 1804 zu Wittenberg, hatte sich schon vorher in Halle als ausgezeichneter Experimentator erwiesen. Als Frucht der gemeinsamen Studien und Experimente entstand 1833 der erste elektromagnetische Telegraph. Ueber die Dächer der Stadt Göttingen wurden von ihnen zwei Kupferdrähte geleitet, welche das Physikalische Institut und die Sternwarte miteinander verbanden, und an denen sie die Richtigkeit ihrer Gedankenschlüsse erprobten. Die Wichtigkeit der Erfindung hatte Gauß mit klarem Blicke vorausgesehen. Die Bedeutung dieses gemeinsamen Wirkens der beiden Forscher bringt das Denkmal, welches jetzt ihnen in Göttingen errichtet wurde, ebenso ansprechend wie lebensvoll zum Ausdruck. Auf einem breitlehnigen Stuhle sitzt Gauß, mit seiner berühmten Hauskappe, im Professorentalar. Er sinnt den Worten nach, die der neben ihm stehende Weber an ihn richtet. In seiner Rechten hält er einen Telegraphendraht, den Weber mit der Linken berührt. Das Modell zu dem Denkmal stammt von Professor F. Hartzer. Der Bronzeguß ist von Gladenbeck ausgeführt. Der granitne Sockel trägt in goldenen Lettern die Inschrift „Karl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber“.

Das Gauß-Weber-Denkmal in Göttingen.
Nach einer Aufnahme von Dr. J. P. Panaotovic in Göttingen.

Die feierliche Enthüllung des Denkmals, das auf den Wallanlagen vor dem Chemischen Laboratorium seinen Platz erhielt, fand am 17. Juni unter lebhafter Teilnahme der Universität und der Bürgerschaft Göttingens statt. Geheimrat Professor Voigt hielt als Vorsitzender des Denkmalausschusses die Weiherede. In der Aula der Universität war gleichzeitig eine Ausstellung von Handschriften, Abhandlungen, Modellen u. a. veranstaltet worden, welche von Gauß und Weber herrühren. Da war auch jener erste elektromagnetische Telegraph zu sehen, welcher 1833 den Verkehr zwischen dem Physikalischen Institut und dem Observatorium der Sternwarte zu Göttingen vermittelte.

Für die Gründung eines Bismarck-Archivs wird ein Aufruf an das deutsche Volk erlassen. Bald nach dem Tode des großen Kanzlers wurde der Wunsch rege, alles zusammenzubringen, was an Briefen und Urkunden von seiner Hand vorhanden ist. Dieser Gedanke hat nunmehr festere Gestalt gewonnen. Mit dem Bismarck-Archiv will man ferner eine Bismarck-Bibliothek verbinden, in der alle auf Bismarck und sein Wirken sich beziehenden Werke des In- und Auslandes Aufstellung finden würden. Schließlich plant man, den obenerwähnten Sammlungen noch ein Bismarck-Museum anzureihen, in dem die im Privatbesitz befindlichen Erinnerungen an Bismarck, Denkmünzen mit seinem Bilde, Darstellungen Bismarcks in Gemälden, Stichen, Radierungen und Photographien, Modelle zu Bismarck-Denkmälern, Erzeugnisse der Industrie zu Bismarcks Ehren etc. nach und nach zusammengebracht werden sollen. Als Ort für die Errichtung des Bismarck-Archivs ist Stendal in der Altmark in Aussicht genommen. Für die Wahl des Ortes gab den Ausschlag die historische Bedeutung Stendals als der Hauptstadt der Altmark, die in der geschichtlichen Entwicklung den Kern des preußischen Staates gebildet hat, ferner die nahen Beziehungen der Familie Bismarck zu Stendal, die noch jetzt vor dem Ueglinger Thor das Hospital St. Gertrud besitzt und deren älteste Vorfahren lange Zeit im Rate der Stadt gesessen haben zu der Zeit, als Stendal in seiner höchsten Blüte stand, und schließlich die Nähe des Stammgutes Schönhausen, dessen Bismarck-Museum das Wallfahrtsziel von Tausenden deutscher Patrioten ist. An alle Deutschen des In- und Auslandes ergeht nun die herzliche Bitte, die nationale Sache durch reichliche Beiträge zu unterstützen, damit außer den für den Bau eines würdigen Bismarck-Hauses nötigen Geldern ein werbendes Kapital vorhanden sei, aus dessen Zinsen die im Privatbesitz befindlichen Schriftstücke von Bismarcks Hand im Original oder in beglaubigten wortgetreuen Abschriften erworben und die für die Instandhaltung und Verwaltung des Instituts nötigen Kosten bestritten werden können. Beiträge sind an die „Deutsche Bank“ in Berlin und deren Filialen für die Rechnung des „Ausschusses zur Errichtung eines Bismarck-Archivs in Stendal“ zu senden.

Das Grab des Daphnis. (Zu unserer Kunstbeilage) Dem Maler Max Rieder hat von den Hirtengedichten des Virgil das fünfte die Anregung zu seinem Bilde gegeben. Es ist dem Daphnis gewidmet, dem Urbild der sicilischen Hirten, dem schönsten und sangeskundigsten von allen, dem Sohn des Merkur und einer Nymphe, welchen Pan selbst in der Musik unterrichtet haben soll. Schon Theokrit hatte in seiner ersten Idylle den Tod des Daphnis besungen. Er war ein Priester des Bacchus und suchte die Hirtenflur durch Anbau zu veredeln; er führte den Kultus des Gottes ein, den von gezähmten Panthern gezogenen Wagen, die Reihentänze der Bacchanten und Bacchantinnen und die mit Epheu und Weinlaub umwundenen Thyrsusstäbe. Um den dahingeschiedenen Schäfer klagten die Nymphen, die seine Schönheit priesen und sich auch am berauschenden Dienst des Bacchus beteiligten. „Solange der Eber den Bergrücken liebt und der Fisch das Wasser, solange die Bienen am Thymian sich erfreuen und am Tau die Cikaden, solange wird dein Name geehrt bleiben“ – läßt Virgil einen seiner Hirten zum Preise des Daphnis singen. Und das Lied war allen reizenden Nymphen und Dryaden aus dem Herzen gesungen. Das Grab des verstorbenen Hirten zu schmücken, vereinigten sie sich, wie uns das Bild des Malers zeigt, in pietätvoller Thätigkeit neben seiner Ruhestatt im Schatten der Sykomoren. Die eine ist bedacht, das Grab mit einer Guirlande zu umkränzen; die zweite, in edler Schönheit dastehend, trägt Blumen herbei, aus welchen die kundige Genossin eine geschmackvolle Auswahl trifft; auch die anderen, alles schöne und schlanke Gestalten, bringen Blumen oder sie pflücken Blätter von den Zweigen. Das Bild durchweht kein trüber elegischer Hauch; es zeigt uns nicht die Schwermut einer tief traurigen Totenklage, sondern es bringt die ernste Heiterkeit, die Erinnerung an die schönen Feste, welche die Nymphen gemeinsam mit dem Jünger des Bacchus gefeiert haben, zum Ausdruck – und die schöne blumenspendende Natur des Südens bildet den Hintergrund der idyllischen Totenfeier. †      



Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.

Soeben erschienen!

Gedichte von Ernst Scherenberg.

Sechste, vermehrte Auslage.

Mit dem Bildnis des Oichters in Lichtdruck.

– Preis elegant gebunden 6 Mark. –

Scherenberg, der nunmehr bereits seit vier Jahrzehnten in den ersten Reihen der geistigen Kämpfer für die nationale Wiedergeburt des Deutschen Reiches stand, bietet in der vorliegenden sechsten Auflage seiner „Gedichte“ in den durch Neuschöpfungen wiederum bereicherten „Zeitgedichten“ von 1858 bis 1898 eine vollständige poetische Geschichte dieser gewaltigen, mit dem Tode Bismarcks ergreifend abschließenden Epoche. Auch der umfangreiche rein lyrische Teil der Sammlung ist durch die neuen Abschnitte „Herbstblätter“ und „Krank im Süden“ zu einem fesselnden Lebensbilde des Dichters abgerundet worden.

Zu beziehen durch die meisten Buchhandlungen.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0548.jpg&oldid=- (Version vom 3.5.2023)