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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Blätter und Blüten.

Am Gardasee. (Zu dem untenstehenden Bilde.) Die malerische Studie Alfred Enkes führt uns an den Gardasee, jenes blaue Naturwunder, das auf der Grenze von Südtirol und Oberitalien zwischen himmelhohen steilen Uferwänden sein herrliches Bett gefunden hat. Zur Linken erheben sich die zerklüfteten Felsabstürze, zwischen welchen das tief eingeschnittene Ledrothal sich hinzieht, um an seiner Mündung den berühmten Ponalfall in die ultramarinfunkelnden Fluten des Sees zu entsenden. Den Fall selbst erblickt der Beschauer unseres Bildes nicht, wohl aber den kleinen Landungsplatz, zu welchem man von Riva aus in den kleinen behenden Ruderbooten und Segelschiffchen fährt. Den Hintergrund schließt die in duftiger Ferne verschwimmende bergige Landschaft gen Riva hin ab.

Am Gardasee.
Nach einer Studie von Alfred Enke.

Orientalischer Hahnenkampf. (Zu dem Bilde S. 552 und 553.) Ein seltenes und – seitdem die Veranstaltung öffentlicher Hahnenkämpfe in England gesetzlich verboten ist – nur noch im Orient heimisches Schauspiel führt uns der Maler unseres zweiseitigen Bildes vor Augen. Nur von wenigen erschaut ist auch der Schauplatz, auf welchem sich der Hahnenkampf abspielt, nämlich der Harem eines orientalischen Paschas. Der würdige Herr und Gebieter sitzt umgeben von den schönen und stattlichen Frauen seines Haushaltes und schaut interessiert wohl, aber doch melancholischen Auges dem Kampfe zu. Sein Herz neigt zur Milde, denn die Hähne sind ohne künstliche Waffen; sie können sich nicht mit eisernen Sporen tödlich verletzen, und vermutlich wird der Kampf nur mit dem Verlust eines allerdings nicht ganz unbeträchtlichen Teiles des glänzenden Federschmuckes des einen oder des anderen der ritterlichen Vögel enden. Der Kampf beginnt eben, und die vorläufig noch etwas gleichgültigen Mienen der reizenden Frauen werden sich bald beleben, denn in ihrem einförmigen Leben bedeutet selbst der harmloseste Hahnenkampf eine angenehme und ersehnte Abwechselung. Grimmig schauen nur die beiden schwerbewaffneten, schwarzen Haremswächter zur Rechten und Linken des Paschas drein, besorgt lediglich um die Sicherheit des Gebieters und des verschlossenen Heiligtums seines Hauses.

Das Teutsch-Denkmal zu Hermannstadt in Siebenbürgen. (Zu dem Bilde S. 579.) Die Siebenbürger Sachsen ehren in würdiger Weise das Andenken ihrer hervorragenden Stammesgenossen, welche auf die nationale und kulturelle Entwicklung ihres Volkes von entscheidendem Einflusse gewesen sind. Voriges Jahr errichteten sie ihrem Reformator Honterus ein charakteristisches schönes Denkmal in Kronstadt, und heuer ist es der im Jahre 1893 verstorbene Sachsenbischof Teutsch, dem seine Volksgenossen durch ein Standbild in Hermannstadt den Tribut tiefgefühlter Dankbarkeit darbringen wollen. Am 19. August dieses Jahres fand die Enthüllung des von Professor A. v. Donndorf geschaffenen Denkmals statt, wozu, wie bei der Honterusfeier, der Gustav Adolf-Verein und der Evangelische Bund, Vertreter der Wissenschaft aus dem Inland und „aus dem Reich“, sowie das ungarische Ministerpräsidium, vor allem aber die vielen Freunde des Bischofs Teutsch von nah und fern geladen worden sind.

Es ist nicht Ueberhebung von seiten des sächsischen Volkes in Siebenbürgen, daß es sich schon wieder eine so erlesene Gesellschaft zu Gaste lud; nur zufällig folgten die beiden Feiern so schnell hintereinander; – und vielleicht doch nicht ganz zufällig; denn wenn man in Siebenbürgen bisher nicht Zeit und Mittel fand, auch nur ein einziges Standbild zu errichten, so mahnen vielleicht die Stürme der Gegenwart, die keinen Winkel der österreichisch-ungarischen Monarchie verschonen, daran, solche Zeichen lebender und unvergänglicher Volkskraft aufzurichten, damit alle sehen, wie wenig man geneigt ist, sein sächsisches Volkstum aufzugeben.

Und fürwahr, in ihrem verewigten Bischof Teutsch haben die Sachsen einen Mann gehabt, in dem sich die unverfälschte sächsische Volksidee verkörperte. Für die Rechte seiner evangelischen Kirche und Schule hat er in stiller Gelehrtenarbeit unermüdlich gewirkt; er hat sie als Politiker verteidigt auf den Landtagen in Klausenburg und Hermannstadt, im Reichsrat zu Wien und im ungarischen Magnatenhause; er ist für sie persönlich eingestanden vor den Ministern, wie vor dem Monarchen selbst; – und was sein größtes Verdienst ist: er hat eine Geschichte seines Volkes geschaffen, wozu er, wie sein Biograph ganz richtig sagt, „die Bausteine aus dem Bruch schuf“, – eine Geschichte, von welcher der bekannte Geschichtschreiber Ludwig Häußer schrieb, er habe bei deren Lektüre „nur das eine wehmütige Bedauern empfunden, daß Deutschland nicht eine ähnliche Geschichte des gesamten deutschen Vaterlandes für das Volk besitze“.

Teutsch ist indessen auch bei Lebzeiten viel

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0578.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2022)