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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Photographie im Verlag der Photographischen Union in München.     
Vorbei.
Nach dem Gemäde von J. Jendrassik.


ist, das Stoßgebet vergessen – und dann – dann hat sie auf einmal den Küfer genommen, der ihr so lange umsonst nachgelaufen ist, und den sie nie hat erhören wollen – Knall und Fall hat’s Hochzeit gegeben. Markus war das erste Kind aus der Ehe.“

„Und mit fünfzehn Jahren,“ versetzt ein anderer, „hat Markus den Stutzen geführt wie ein Alter. Eines Sonntags, während das Dorf im Morgengottesdienst ist, fällt ein Schuß. Der Stillständer eilt aus der Kirche, um zu sehen, was vorgefallen sei. Markus Paltram hockt auf einem Baum, Rosius, der zweite unter den Buben, auf einem andern und der ruft: ‚Es ist nichts, Stillständer, mein Bruder hat mir nur das Thonpfeifchen des Vaters vom Mund weggeschossen!‘“

Eine Bewegung des Erstaunens geht durch die Gesellschaft.

„Wartet, das Merkwürdige kommt noch,“ sagt Tuons. „Der Stillständer, der reiche Romedi. bei dem ich diente, nahm Markus Paltram wegen des gottlosen Spiels das Gewehr ab und verwahrte es zu Haus. Zu jener Zeit war aber in der Familie g’rad’ ein großes Unglück. Das Kind des Stillständers hatte sich bei der Wäsche aufs schrecklichste verbrannt und schrie in seinen Schmerzen, daß man es drei Häuser weit hörte. Unter dem Vorwand, daß er von der Mutter Lilienöl für die Verletzte bringe, kam Markus, der sein Gewehr zurückbetteln wollte, ins Haus. Er reichte dem hoffnungslos daniederliegenden Mädchen die Hand. Und siehe da – plötzlich litt es keine Schmerzen mehr. Bis es starb, mußte Markus bei ihm bleiben, denn es bat in einem fort: ‚Markus, halte mich, das thut so wohl.‘ Und das Mädchen, das ihn sonst immer gefürchtet hatte, sagte, wenn es wieder gesund und etwas älter geworden wäre, so müßte Markus sein Bräutigam werden. Nun frage ich: Ist das nicht wunderbar, ist das nicht die Macht des Camogaskers?“

„Und die Geschichte ist wahr,“ sagt wieder einer, „ich erinnere mich ganz gut daran, der Stillständer ist ja ein Vetter zu mir.“

Das Gemach Cilgias hatte sich inzwischen mit weiteren Gästen gefüllt, welchen sie aufwarten mußte; überall war frohes Getäfel, Plaudern und Lachen.

Mitten in ihrer vielfältigen Thätigkeit verließ aber Cilgia der Gedanke an das, was sie am Tisch der schwarzen Pia über Markus Paltram gehört hatte, nicht wieder.

Wohl sagt sie sich: die Geschichten von Markus Paltram sind ja trotz aller Versicherungen der Erzähler erfunden. Aber seit Fetan kennt auch sie die dunkle Wucht seines Wesens und den Reiz seines geheimnisvollen Auges. – Wie er so eigenartig gesagt hat: „Wohlan, Fräulein, um Euretwillen,“ ist ihr gewesen, wie wenn ihr jemand ein unsichtbares Netz übergeworfen hätte, das sie abschütteln müsse.

Wer ist denn Markus Paltram? Aus dem Gespräch der Männer weiß sie es: der Sohn einer Wildheuerin und – sieht man

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 589. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0589.jpg&oldid=- (Version vom 23.6.2022)