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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Inhalt.

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Der König der Bernina. Roman von J. C. Heer (2. Fortsetzung) 645
Zum dreihundertjährigen Jubiläum von Freudenstadt. Von Alfred Freihofer. Mit Abbildungen 652
Vincenz Prießnitz. Zur Wiederkehr seines hundertsten Geburtstags. Von C. Falkenhorst. Mit Bildnis 655
Tragödien und Komödien des Aberglaubens. Der geheimnisvolle Runenstein zu Jesteburg. Von Heinrich Niebuhr 656
Die Röntgenstrahlen im Dienste der Medizin und Chirurgie. Von Dr. J. H. Baas 660
Die schlaue Sabine. Erzählung von Victor Blüthgen. Mit Illustrationen von Fritz Bergen 664
Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Mit Abbildungen 670
Die Marienburg. Von Ernst Wichert. Mit Abbildungen nach Photographien von H. Ventzke 671
Blätter und Blüten: Gutenberg-Feier in Mainz. S. 675. – Das Wittekind-Denkmal in Herford. (Zu der Abbildung S. 645.) S. 675. – Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813. (Zu dem Bilde S. 648 und 649.) S. 675. – Vor der Gärtnerei in Rheinsberg. (Zu dem Bilde S. 657.) S. 675. – Die „Hansa“-Bowle. (Mit Abbildung.) S. 676. – Audifax und Hadumoth. (Zu dem Bilde S. 661.) S. 676. – Das erste Telegramm in Deutschland. S. 676. – Schwarzwälderin. Von J. J. Hoffmann. (Zu unserer Kunstbeilage.) S. 676.
Illustrationen: Das Wittekind-Denkmal in Herford. S. 645. – Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813. Von Robert Haug. S. 648 und 649. – Abbildungen zu dem Artikel „Zum dreihundertjährigen Jubiläum von Freudenstadt“. Das alte Murgthalthor. S. 652. Freudenstadt, vom Schöneck aus gesehen. Der Marktplatz mit dem Rathaus. S. 653. Der Marktplatz mit der Kirche. Inneres der Stadtkirche mit Altar und Kanzel. S. 654. Der Herzog Friedrichsturm. S. 655. – Vincenz Prießnitz. S. 656. – Vor der Gärtnerei in Rheinsberg. Von M. Hünten. S. 657. – Andifax und Hadumoth. Von M. Wunsch. S. 661. – Abbildungen zu der Erzählung „Die schlaue Sabine“. Von Fritz Bergen. S. 664, 665, 666, 667, 668. – Kulturbeleckt. Von A. Weczerzick. S. 669. – Abbildungen zu dem Artikel „Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit“. S. 670. – Abbildungen zu dem Artikel „Die Marienburg“. Initiale. Die Marienburg von Südwest. Brückenthor. Herren-Dansk. Stadtkirche. S. 671. Das Mittelschloß: Rechter Giebel der Nordseite. Die Schloßkirche. Der Pfaffenturm. S. 672. Das Hochschloß von Nordwest. Das Mittelschloß (Hochmeisterschloß) von Nordwest. S. 673. Das äußere Einlaßthor zum Hochschloß vom Hof des Mittelschlosses aus. Der Hof im Hochschloß mit dem Brunnen. S. 674. – Die vom Hamburger Senat dem Kreuzer „Hansa“ gestiftete Bowle. S. 676.
Hierzu Kunstbeilage XXI: „Schwarzwälderin.“ Von Fritz Reiß.


Kleine Mitteilungen.

Der Senior der deutschen Kunsthistoriker Dr. Theodor Gaedertz hat am 7. September in Lübeck das seltene Fest seines sechzigjährigen Doktorjubiläums gefeiert. Er ist der Verfasser gediegener kunstwissenschaftlicher Schriften über Adrian van Ostade, Hans Holbein den Jüngeren, Rubens, Hans Memling u. a.; auch die 1889 erschienene Sammlung von Aufsätzen auf dem Gebiete der Kunstkritik und Kunstgeschichte „Kunststreifzüge“ enthält viel Wertvolles. Um das Kunstleben seiner Vaterstadt Lübeck hat sich Gaedertz noch besondere Verdienste erworben. Kurz nachdem er 1847 vom Senat zum Obergerichtsprokurator ernannt worden war, wurde er zum Schriftführer des vaterstädtischen Kunstvereins gewählt, dessen Direktor er nicht lange darauf wurde. Mit dem Direktor des Bremer Kunstvereins C. Mertens gründete er im Jahre 1850 den „Norddeutschen Gesamtkunstverein“. In demselben Jahre erließ er zusammen mit Dr. Lucanus in Halberstadt einen Aufruf, um in Berlin eine Generalversammlung der deutschen Kunstvereine zu ermöglichen. Diese ist dann auch grundlegend für das Kunstausstellungswesen in allen deutschen Ländern geworden.

Gaedertz war ein Jugendfreund Emanuel Geibels, mit dem er in Bonn studierte; die Geibel-Biographie seines Sohnes Karl Theodor Gaedertz weiß über diesen Verkehr ansprechende Einzelheiten zu berichten.

Der letzte Veteran von 1813, August Schmidt in Wolgast, der am 11. Februar d. J. seinen hundertfünften Geburtstag mit frohem Behagen und unter allgemeiner Teilnahme feiern durfte, ist nun auch, in der Nacht zum 12. September, dem Tode erlegen. Der brave Mann, der im Jünglingsalter als Freiwilliger des 1. pommerschen Infanterieregiments in den drei Feldzügen von 1813 bis 1815 gegen Napoleon so oft dem Tod ins Auge gesehen hatte, konnte sich nach dem Kriege noch 84 Jahre lang des Lebens in Frieden erfreuen! August Schmidt war als Sohn eines Uhrmachers in der pommerschen Stadt Anklam geboren. Er wurde Goldschmied und folgte am 17. März 1813 dem Aufrufe seines Königs zum Befreiungskampfe gegen den Korsen. Bei Bautzen, Großbeeren, Dennewitz, Leipzig, Laon, Ligny, Waterloo hat er tapfer mitgefochten. Nach der Heimkehr ließ er sich als Goldschmied in Wolgast nieder, wo es ihm vergönnt war, bei gesegneter Arbeit und in behaglich sich gestaltenden Verhältnissen das hohe Alter zu erreichen, das bis kurz vor dem Ende kaum durch Krankheit getrübt war. Er wurde genau 104 Jahre und 7 Monate alt. Als vor vier Jahren die „Gartenlaube“ einen Aufsatz über die fünf noch am Leben befindlichen Veteranen aus den Freiheitskriegen brachte (vgl. Jahrg. 1895, S. 144), sagte „Vater Schmidt“ in seiner behaglichen Weise: „Noch fünf? Dann werde ich wohl der letzte bleiben, ich dränge mich nicht vor.“ Als letzter der ungezählten Tapfern, die Deutschland vom Joche Napoleons I befreiten, ist er denn auch zur Großen Armee hingegangen.

Seltene Metalle und ihr Wert. Die Metalle spielen in unserem Dasein eine große Rolle, denn auf ihnen beruht in der Hauptsache unsere ganze Kultur. Wir sprechen von der Steinzeit, in der es noch keine Metalle gab, als einer sehr alten und niedrigen Entwickelungsstufe des Menschengeschlechts und verstehen unter Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit aufeinander folgende Epochen der menschlichen Kulturentwickelung. Unsere Zeit könnten wir vielleicht die Metallzeit schlechthin nennen, denn wir haben uns alle, oder doch wohl fast alle im Erdkörper enthaltenen Metalle dienstbar gemacht.

Was nun die Seltenheit und damit auch den Wert der Metalle anlangt, so wechseln dieselben sehr. Noch vor dreißig Jahren konnte z. B. das Aluminium nur auf sehr umständlichem und unvollkommenem Wege gewonnen werden und war darum sehr teuer, das Kilogramm kostete an tausend, das Gramm also eine Mark. Heute kostet das Gramm noch nicht einmal einen Pfennig. Dieser Preisrückgang hat seinen Grund in den sehr vervollkommneten Darstellungsmethoden.

Viel weniger selten als früher ist jetzt auch das Gold, von dem im letzten Jahre etwa doppelt so viel als vor einem Jahrzehnt, nämlich an 350 000 Kilogramm im Werte von einer Milliarde Mark, gewonnen wurde. Aber trotzdem ist Gold nicht im Preis zurückgegangen, einesteils weil es jetzt von den bedeutendsten Staaten als Währungsmetall angenommen ist, dann aber auch um seines praktischen Nutzens und seiner vielfachen Verwendbarkeit willen. Dagegen hat nun wieder das Silber, das früher allein Währungsmetall war, sehr an Wert verloren, er beträgt heute noch nicht einmal den dreißigsten Teil von dem des Goldes. Das hat seinen Grund sowohl in der Häufigkeit dieses Metalls, als auch in der Leichtigkeit, mit der es aus seinen reichen Erzen gewonnen werden kann. Es ist also alles andere, nur nicht selten.

In dem Sinne selten, den man gewöhnlich mit diesem Worte verbindet, ist aber auch nicht einmal das Gold. Das ist vielmehr so außerordentlich auf unserer Erde verbreitet, daß es nur wenige Körper giebt, in denen sich nicht wenigstens Spuren von ihm überhaupt finden. Was Gold selten macht, das ist die Schwierigkeit, mit welcher seine Darstellung vielfach verbunden ist. Nur wenige Metalle finden sich ja bekanntlich gediegen, d. h. als fertiges Metall, in der Erde, und auch die, bei denen das der Fall ist, meist nur in ganz verschwindend geringen Mengen im Verhältnis zum Gesamtvorkommen. Fast immer müssen sie aus Verbindungen, die sie mit Sauerstoff, Schwefel oder anderen Körpern eingegangen sind, erst dargestellt werden. Das ist auch bei dem schon vorgenannten Aluminium der Fall, das aus der Thonerde dargestellt wird, von welcher der ganze Centner höchstens ein paar Groschen kostet, während der Preis für den Centner Aluminium doch mehrere Hundert Mark beträgt. Seine Gewinnung ist aber heute mit Schwierigkeiten nicht mehr verbunden.

Noch viel mehr wird es aber bei dem Calcium und Silicium deutlich, wie sehr Seltenheit und Preis von der Schwierigkeit der Darstellung abhängig sind, trotz größter Häufigkeit des betreffenden Metalls. Aus den Verbindungen dieser Metalle, die uns als Kalk und Kieselsäure gut bekannt sind, besteht unsere Erde zum allergrößten Teile. Trotzdem kostet das Gramm reines Calciummetall etwa 18 Mark und reines Siliciummetall gar 30 Mark. Ebenso teuer ist das Strontium, aus dem Strontian dargestellt – Strontiansalze werden bei der Zuckerfabrikation aus Rüben verwandt – und noch um 3 Mark teurer das Thorium, aus Thorerde gewonnen, die uns als Bestandteil der Gasglühstrümpfe bekannt ist. So häufig wie Kalk und Kieselsäure sind nun freilich Thorerde und Strontian nicht, immerhin hat man ganz bedeutende Fundorte derselben bereits entdeckt und wird, allen Zweifeln zum Trotz, mehr finden, wenn die Fortschritte der Technik es erfordern. Denn das hat sich stets gezeigt: mag etwas noch so selten bislang gewesen sein, es wird von dem Augenblick an, fast möchte man sagen, Gemeingut, in welchem Menschengeist und Menschenwitz sich daran machen, es herbeizuschaffen. Das kann man, wie bereits bemerkt, bei dem Golde beobachten, dessen Produktion mit jedem Jahre gewachsen ist, seitdem der Bedarf so erheblich zunahm – sie stieg einmal sogar auf das Vierfache innerhalb eines Jahrzehnts – und wenn nicht alles täuscht, noch viel mehr wachsen wird. Das würde man auch bei den Verbindungen des Wolframmetalls haben beobachten können, wenn man den Gedanken, den man vor etwas weniger als einem Jahrzehnt hegte, verwirklicht hätte. Damals galt es, ein kleinkalibriges Geschoß mit möglichst großer Querschnittsbelastung zu konstruieren, und zu dessen Herstellung beabsichtigte man das Wolframmetall zu benutzen. Nach den heutigen Preisverhältnissen – das Gramm Wolfram kostet zur Zeit 43 Pfennig – würden die Schüsse, und nun gar erst die Treffer, freilich recht teuer zu stehen kommen, und es wäre viel billiger, Silber zu nehmen, von dem man fünf gleich schwere Kugeln für eine Wolframkugel verschießen könnte.

Wirklich seltene Metalle, was das Vorkommen anlangt, sind Gallium, das in einigen Zinkblenden vorkommt, und von dem das Gramm 700 Mark kostet, das also fast dreihundertmal so teuer ist als Gold, und Germanium, das einen Preis von 150 Mark für das Gramm hat.

Außer den bereits angeführten giebt es nun aber noch eine Menge seltener Metalle in Preisen von 40 Mark bis herab zu 3 Mark für das Gramm, zu denen auch das Beryllium gehört, aus dem der grüne Smaragd, gegenwärtig unser geschätztester Edelstein, in der Hauptsache besteht, und von dem das Gramm etwa 39 Mark kostet. Ebenso teuer, 40 Mark das Gramm, ist das Tellur, das Indium dagegen kostet nur 17 Mark, Niobium, Didym 16 Mark, Yttrium 14 Mark, Lithium 10 Mark, Rhodium und Osmium 4 Mark und Zirkonium – durch das Glühen einer Verbindung desselben im Knallgasgebläse, der Zirkonerde, kann man ein außerordentlich helles Licht erzeugen – 3 Mark. Dr. –t.     

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