Seite:Die Gartenlaube (1899) 0739.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Strafe über ihn verhängt hat. Der Demütigung des Stolzen wohnen die deutschen Bischöfe und Fürsten mit Genugthuung bei. †     


Der Rhumesprung. (Mit Abbildung.) Unweit der Landstraße, welche von Duderstadt nach Herzberg im Harz führt, ungefähr eine Viertelstunde hinter dem Dorfe Rhumspringe liegt die Rhumequelle oder, wie dieselbe im Volksmunde heißt: „Der Rhumesprung“, eine der größten Quellen Deutschlands. Ein kleiner Abstecher von der Chaussee führt den Wanderer an einen nur ungefähr 200 Schritt im Umfang messenden, ringsherum mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Teich, der, ohne sichtbaren Zufluß, einen nur wenige Meter breiten, aber stark strömenden Bach abfließen läßt, welcher in einer Entfernung von etwa 300 Schritt bereits eine große Papierfabrik und etwas weiter hin die zu derselben gehörende Holzschleiferei mit den nötigen Wasserkräften versieht. Da ein Zufluß zu dem Teiche, wie gesagt, nicht bemerkbar ist, erscheinen die starken abfließenden Wassermassen rätselhaft. Allein bei näherer Betrachtung fallen zwei Stellen des Teiches durch ihre kreisrunden Bewegungen auf. Dies sind zwei größere Quellen. Das Wasser einer dritten kleineren wird nach der in der Nähe befindlichen großen Forellenzüchterei abgeleitet. Diese drei Quellen sollen in der Sekunde 3500 l, also täglich 300000 cbm oder 30 Millionen Eimer Wasser geben, und durch ihre ungeheure Wassermenge sind die genannten Werke instand gesetzt, fast ohne Gefälle von dem abfließenden Bache getrieben zu werden. Der abfließende Bach verbreitert sich dann allmählich und wird die Rhume genannt; diese berührt in ihrem weiteren Laufe die Ortschaften Gieboldehausen, Bilshausen, Catlenburg und Northeim und giebt zahlreichen Mühlen und anderen industriellen Werken die nötige Wasserkraft. Unweit der Stadt Northeim mündet sie in die Leine, die nun flößbar wird.

Der Rhumesprung.
Nach einer Aufnahme von Photograph F. Petz in Duderstadt.


Die neue Elbbrücke zwischen Hamburg und Harburg. (Mit Abbildung.) Seit dem Jahre 1853 wurde der Verkehr zwischen der Stadt Harburg und der Insel Wilhelmsburg, bzw. Hamburg durch eine Dampffähre vermittelt, welche dem gesteigerten Verkehr aber schon lange nicht mehr genügte. Deshalb vereinigten sich 1897 die interessierten Gemeinden und Staaten zu dem Bau einer großen Brücke, die, von der Nürnberger Maschinenbau-Aktiengesellschaft erbaut, am 30. September d. J. feierlich eingeweiht wurde. Die aus 4 Strombrücken und 6 Flutöffnungen bestehende Brücke ist 600 m lang. Die Spannweite der Strombrücken beträgt 100,96 m, die der Flutöffnungen 31,15 m. Das Material der Brücke ist Thomasflußeisen, für die Auflagen Gußstahl. Für eine elektrische Straßenbahnverbindung von Harburg nach Hamburg sind 2 Geleise bereits vorgesehen, 2,50 m breite Fußwege befinden sich zu beiden Seiten der Fahrbahn. Diese ist 7 m breit und mit schwedischem Granitreihenpflaster auf Betonunterlage versehen. Ihren Abschluß erhält die ebenso schöne als großartige Brücke an beiden Uferseiten durch ein burgthorartiges steinernes Portal, zu welchem der Hamburger Architekt Thielen den Entwurf lieferte.

[ Das Foto wird erst 2032 gemeinfrei ]


Wildkatzenmutter mit ihren Jungen. (Zu dem Bilde S. 717.) Ein Familienbild aus der Raubtierwelt! Die für ihre Jungen mütterlich besorgte Wildkatze hat ihnen einen erbeuteten Fasan herbeigeschleppt, und die Kleinen stürzen sich, über den Rücken der Mutter kletternd, gierig auf die leckere Beute. Die jungen Wildkatzen kommen im Frühjahr meistens viel später zum Vorschein als junge Dächse und Füchse. Die Mutter wartet ihrer am liebsten in einem alten, verlassenen Dachs- oder Fuchsbau; in felsigem und schwer zugänglichem Terrain genügt eine flache Aushöhlung des Bodens unterhalb eines größeren Steines. Gern wird auch ein hohler Eichenstamm benutzt, vorausgesetzt, daß das Eingangsloch zu dem Hohlraume nicht viel über Mannshöhe vom Boden entfernt ist. Von der Hauskatze unterscheidet sich unsere Wildkatze äußerlich zunächst durch die bedeutendere Größe, die höheren und stärkeren Läufe und die weit kürzere, dick behaarte, fast keulenförmig endende Rute. Die ganze Behaarung des Körpers ist länger, glanzloser und lockerer abstehend als das dichtere und glatt aufliegende Haar der Hauskatze. Die Färbung ist ein warmes, lebhaftes Gelb oder Rötlichgrau, das mit regelmäßigen sammetschwarzen Streifen geziert ist. Die brandschwarzen Fußsohlen haben – namentlich an den Hinteren Branken – zwischen den nackten Ballen einen kleinen rein weißen Fleck, welcher bei der Hauskatze nicht gefunden wird.


Die leere Wiege. (Zu dem Bilde S. 721.) Das Begräbnis ist vorüber, der kleine Sarg im Erdenschoß verschwunden, und die heimgekehrten Eltern, schlichte Arbeitsleute, sitzen noch ein Weilchen still vor der Wiege, die nun leer steht und die vorher so viel des Glückes und dann so viel des Leids für sie barg. Der junge Vater, der zum Gebet die Hände gefaltet hat, starrt bedrückt vor sich hin. Hier vor der Wiege, aus der ihm das herzige Kind die Aermchen so oft freudig entgegenstreckte, wird er sich des jähen Verlusts in seiner ganzen Herbheit inne. Die abgehärmte Mutter greift sehnsuchtsvoll nach dem Leinen, auf dem noch vor kurzem der blasse Liebling ruhte: ihr ist das Liebste gestorben, was sie auf der Welt besaß, das verraten die müd’ gemeinten Augen und die ganze kummervolle Haltung, die doch zugleich auch wieder eine so rührende Geduld ausspricht.


Mostpresse in Oberösterreich. (Zu dem Bilde S. 729.) Oberösterreich ist bei der Austeilung der Gaben der Natur wahrlich nicht zu kurz gekommen: die mannigfaltigsten Bilder landschaftlicher Schönheit erfreuen das Auge, wohin es auch immer den Blick wendet, und der hoch hinauf bis ins rauhe Gebirge emporreichende fruchtbare Boden mit seinen goldig wogenden Aehrenfeldern, grasreichen Wiesen und mächtigen Forsten, mit seinen fischreichen Seen und weiten Obstbaumhainen sorgt dafür, daß die Bewohner dieses herrlichen Kronlandes zu den wohlhabendsten des ganzen Kaiserstaates zählen. Nur Eines versagt die sonst so reichlich spendende Scholle dem Oberösterreicher: den Anbau des Weines. Einen Ersatz hierfür aber bietet ihm der sogenannte „Most“, den das ungemein obstreiche Land mit leichter Mühe gewinnen läßt. Ein gut Teil des bäuerlichen Denkens ist daher auf die vielen Obstbäume gerichtet; der Verlauf ihrer Blüte und das Reifen der Früchte ist für den Wohlstand des Landes von großer Bedeutung, werden doch alljährlich auch Tausende von Centnern verschiedenen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0739.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2023)