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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

den benachbarten Tongainseln, so gehört auch auf Somoa die Küche nicht in das Bereich der Frau, die Bereitung der Speisen ist vielmehr Sache der Männer. Die Frau macht sich durch andere Thätigkeit nützlich.

Wandeln wir durch ein samoanisches Dorf mit seinen offenen Häusern, so können wir beobachten, wie unter geschickten Frauenhänden die Bekleidungsstoffe und die Matten für Häuservorhänge, Lagerdecken, Segel u. dgl. entstehen. Die Lava-Lava oder Hüftschurze der Samoaner sind zumeist aus dem sogenannten Tapatuch gearbeitet. Es wird aus geklopften Stücken der weißlichen Rinde des Papiermaulbeerbaums (Morus papyrifera) hergestellt und mit roten und schwarzen Mustern bemalt. Die feineren und feinsten Matten flechten die Frauen aus Pandanusblättern oder der Bastfaser einer Hanfrose (Hibiscus). Sie werden mit bunten Federn besetzt und gelten dann als die feinsten Erzeugnisse der Kunstfertigkeit, die sich von Geschlecht zu Geschlecht vererben und als eine Art Familienheiligtum behandelt werden. Je älter sie sind, desto wertvoller erscheinen sie dem Samoaner, denn sie sind gewissermaßen Urkunden, die das hohe Alter eines vornehmen Geschlechtes bezeugen.

Wahre Meisterstücke der Handfertigkeit sind auch die Fächer, die man aus Pandanusblättern oder Kokosblattrippen zu flechten versteht. Unsere Abbildungen zeigen uns einen Samoaner mit Tapaschurz und Fächer und Samoanerinnen in feinen Mattenkleidern. Viele von ihnen beginnen europäische Stoffe und Kleider nach europäischem Schnitt zu tragen, aber ihr Haar schmücken sie noch gern mit den zierlichen Kämmen aus Kokosblattrippen, und neben Glaskorallen, die von den Händlern eingeführt worden sind, tragen sie noch Armbänder von roten Federn, Schildpatt, Haifisch, und Schweinezähnen. Ihr liebster Schmuck sind aber duftende vielfarbige Blumen.

Naturgemäß ist das Inselvolk auch auf der See heimisch. Die Samoaner bauen gute Bote und sind treffliche Ruderer. Sie ziehen zum Fischfang hinaus in die Küstengewässer, wo unter dem blauen Meeresspiegel die abeuteuerlichen Korallenbauten wie leuchtendes Silber glänzen. Dann mischt sich ihr rhythmischer Gesang mit dem Rauschen der fernen Brandung. Sind sie mit gutem Fang heimgekehrt, so geht es fröhlich zu in dem Dorfe. Der Kawatrunk wird bereitet: junge Mädchen kauen die Wurzeln des rankenden Pfeffers und thun sie dann in eine aus Holz schön gearbeitete Bowle. Dann kreist der Becher und auf dem Malä, dem Grasplatz des Dorfes, werden die malerischen Nationaltänze aufgeführt, in welchen die schönen Insulanerinnen ihre größten Eroberungen machen. An Gästen fehlt es nicht bei solchen Gelegenheiten, denn der Samoaner übt die Gastfreundschaft in einer fast einzig dastehenden Art. In jedem Dorfe ist ein besonderes Gasthaus für Fremde errichtet, und Besuche gehen hin und her, wobei dem Wirt seine Vorräte aufgezehrt werden, so daß er sich genötigt sieht, auch seinerseits als Gast auf Kosten anderer zu leben.

Dem gemütlichen Charakterbilde des Samoaners fehlen allerdings die Schattenseiten nicht. Diese Insulaner sind leider ungemein arbeitsscheu. Nur das Notwendigste zum Lebensunterhalt pflegen sie zu verrichten und lassen sich durchaus nicht bewegen, in den Pflanzungen zu arbeiten. Eine Geißel, die sie über sich selbst beschwören, sind ihre fortwährenden Kriege, die aus Rivalität der einzelnen Häuptlinge geführt werden. Sie verlaufen zwar nicht besonders blutig, aber die Parteien verheeren gegenseitig ihre Pflanzungen, hauen des Feindes Brotfruchtbäume und Kokospalmen um und brennen die Häuser nieder. So haben diese nutzlosen Scharmützel nur zu oft Hungersnot im Gefolge, die sonst in dem gesegneten Lande völlig unmöglich sein würde. Die europäischen Pflanzer bezahlen dann zum Teil die Kriegskosten, indem die hungrigen Eingeborenen aus den Plantagen allerlei Früchte, namentlich die Kokosnüsse, stehlen. –

Flußscenerie in Apia.

Ein samoanisches Dorf.  

Den Europäer, der an der herrlichen Küste von Apia verweilt, lockt es, in das Innere des Landes, zu den waldgekrönten Bergeshöhen zu wandern. Ein solcher Ausflug lohnt die Mühe. Er führt durch wundervolle Wälder, in denen prächtige Farnkräuter den Boden bedecken, während zahllose Lianen zu den hohen Baumwipfeln emporklettern. Kleine Flüsse laden unterwegs zum Baden ein; weiter bergaufwärts rauschen Wasserfälle;

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 847. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0847.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)