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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

wertvollen Fähigkeit zu zeichnen gelangen. Als Ziel dieser Studien betrachtet der Verfasser das Zeichnen nach irgendwelchen körperhaften Gegenständen, also nach der Natur; er legt seinen systematischen und praktischen Anweisungen, aus denen man das eingehende Verständnis für die Bedürfnisse eines Lernenden spürt, einen wohldurchdachten Plan zu Grunde. Beschäftigen sich die ersten Kapitel besonders mit der Technik des Zeichnens, so dringen die spätern um so mehr auf die Ausbildung einer guten Auffassung, auf eine aufmerksame Naturbeobachtung und die Kunst des richtigen Sehens, wobei der Abschnitt über das Zeichnen architektonischer und landschaftlicher Gegenstände nach der Natur mit besonderer Ausführlichkeit behandelt ist. Die dem Werk beigegebenen 48 Tafeln mit Vorlagen für den Anfangsunterricht unterstützen die Darlegungen des Verfassers sehr wesentlich.

Die neuen Denkmäler auf den Schlachtfeldern des Reichslands. (Mit Abbildungen.) Ziemlich kurz hintereinander sind in diesem Sommer auf den berühmten Schlachtfeldern bei Metz und bei Wörth neue Kriegerdenkmäler enthüllt worden, die an hervorragende deutsche Waffenthaten gemahnen. Das eine ist dem Andenken an die Tapferen gewidmet worden, welche vom preußischen 1. Garderegiment z. F. bei St. Privat-la-Montagne in der gewaltigen Entscheidungsschlacht am 18. August 1870 fielen. Auf einem Unterbau von hellbraunen Sandsteinblöcken, der ziemlich 7 m hoch ist, erhebt sich die 5 m messende Bronzestatue des Erzengels Michael, der, wie nach vollendetem Tagewerk, die Hände auf den Knauf des Schwertes stützt, während der Blick friedlich ins Weite sich richtet. Die Vorderseite des Sockels zeigt zwischen Eichen- und Lorbeerranken die Inschrift: „Den braven unvergeßlichen Kameraden – Wilhelm II und sein 1. Garderegiment z. F.“ Die Rückseite meldet: „Das Regiment verlor seinen Kommandeur, 35 Offiziere, 104 Unteroffiziere, 982 Grenadiere und Füsiliere.“ Das Denkmal ist nach einem Entwurf Kaiser Wilhelms II, der auch bei der Enthüllungsfeier am 18. August die Weiherede hielt, von Walter Schott in Berlin modelliert worden. Zwölf Tage vorher hatte das Schlachtfeld von Wörth einen neuen bedeutsamen künstlerischen Schmuck erhalten. Das hier bei dem Dorfe Morsbronn errichtete Denkmal gilt dem Gedächtnis der Braven vom 2. Thüringischen Infanterieregiment Nr. 32, die hier vor 29 Jahren, am 6. August, den furchtbaren Angriff überlegener französischer Reitermassen aushielten und abwiesen. Hier sind sechzehn gewaltige Granitblöcke nach einem Entwurf des Herzogs Georg II von Sachsen-Meiningen, des Chefs des Regiments, in künstlicher Wildheit zu dem Unterbau zusammengetürmt; jeder einzelne trägt als Inschrift den Namen einer der von dem Regimente siegreich geschlagenen Schlachten. Auf der felsigen Höhe thront ein riesiger Adler mit ausgebreiteten Schwingen in kampfbereiter Stellung. Das schöne Denkmal ist von Professor Eberlein in Berlin geschaffen.

Das Denkmal des 2. Thür. Inf.-Reg. Nr. 32   Das Denkmal des 1. Garde-       0
 bei Morsbronn.   regiments z. F. bei St. Privat.

Die neuen Denkmäler auf den Schlachtfeldern des Reichslands.
Nach photographischen Aufnahmen von Jul. Manias in Straßburg und Heinrich Notton in Metz.

Heinrich der Finkler wirbt um Mathildis. (Zu dem Bilde Seite 840 und 841.) Einer der volkstümlichsten unter den deutschen Herrschern ist Heinrich der Sachse, Herr Heinrich, der, wie die bekannte Ballade singt, am Vogelherde saß, als die Franken kamen, ihm die durch den Tod Konrads erledigte deutsche Königskrone anzubieten. Unser Bild zeigt uns indessen nicht den deutschen König, den Sieger über die Slawen und Ungarn, sondern den jungen Sachsenherzog, der „wie eine Blüte war, welche das Kommen des Lenzes verkündet“. Im kriegerischen Spiel, im Lanzenrennen und ritterlichen Zweikampf war es eine Lust, den stattlichen, hochgewachsenen Mann zu schauen. Zweimal hat er sich unter den schönen Töchtern Sachsens die Gattin erwählt. Seine erste Liebe war Hatheburg, die anmutige Tochter des reichen Grafen Erwin, der zu Merseburg seinen Sitz hatte. Doch diese Ehe wurde wieder geschieden: sie hatte gegen den Willen der Kirche stattgefunden. Hatheburg war schon einmal vermählt gewesen und hatte sich durch ein Gelübde dem klösterlichen Leben geweiht; ihre reiche Erbschaft war dem Kloster bestimmt. Wenige Jahre später bewarb sich Heinrich um die Hand der trefflichen Mathildis, der Tochter Thiederichs, eines reichen und bedeutenden Mannes, der unweit Herford seinen Sitz hatte. Dem edeln Geschlechte Widukinds war sie entsprossen. Mathildis hatte man schon in früher Jugend dem Kloster Herford übergeben; sie wurde hier in der Schrift und in nützlichen Handarbeiten unterrichtet, nicht um dereinst Nonne zu werden, sondern um mit trefflichen Kenntnissen ausgerüstet in das weltliche Leben zurückzukehren. Heinrichs Vater, der alte Otto, wünschte, die Enkelin Widukinds seinem Sohne zu vermählen, und der Sohn widerstrebte nicht dem Willen des Vaters. Mit stattlichem Gefolge begab er sich nach Herford. Zuerst sah er in der Ferne Mathildis in der Kirche, dann hielt er sogleich in feierlicher Werbung bei der Aebtissin des Klosters, der Großmutter Mathildis’, die als Witwe den Schleier genommen hatte, um die Hand der Jungfrau an, und er setzte es durch, daß die Großmutter selbst ohne Vorwissen der Eltern ihm die Enkelin verlobte. Diese Scene der Werbung hat Ferdinand Leeke auf seinem Bilde mit künstlerischer Verteilung charakteristischer Gruppen uns vorgeführt. Zu Wallhausen in der Goldenen Aue wurde die Hochzeit mit einer Pracht, wie sie sonst nur Könige entfalten, feierlich begangen. Die Geschichtschreiber sind einstimmig im Lobe der Fürstin, in welcher Heinrich ein ebenso thätiges wie frommes und liebreiches Weib beschieden war.      

Der Kampf brandenburgischer und spanischer Schiffe bei Kap St. Vincent im Jahre 1681. (Zu dem Bilde Seite 849.) Der Aufschwung, den das deutsche Seewesen in unseren Tagen erlebt, hat auch das Interesse für die Kapitel der deutschen Geschichte erhöht, welche von den ruhmreichen Thaten zur See unserer Vorfahren berichten.

Diesem Interesse kommen zwei schön ausgestattete Werke entgegen, die soeben in J. F. Lehmanns Verlag in München erschienen sind.

Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte von Germanicus bis Kaiser Wilhelm II“ hat Vice-Admiral a. D. Reinhold Werner das stattliche Buch genannt, in welchem er im Zusammenhang die Entwicklung des deutschen Seekriegswesens seit den Tagen der Wikinger erzählt. Was hier der erfahrene Fachmann in lebensvoller Schilderung berichtet, das tritt in dem Prachtwerk „Deutschlands Ruhmestage zur See“ unmittelbar vors Auge in 20 Bildern des Marinemalers Hans Petersen. Die Blätter dieser Kunstmappe sind Kupferlichtdrucke nach den Originalgemälden. Das erste Bild stellt die Eroberung Kopenhagens durch die Hansa im Jahre 1312 dar. Blatt 20 hat zum Gegenstand die deutsche Flotte in Kiautschou. Unser Bild giebt in verkleinertem Maßstab eine Probe aus diesem Prachtwerk. Es führt uns in die Zeit der maritimen Bestrebungen des Großen Kurfürsten. Bis zum Jahre 1684 war dieser weitschauende Fürst wegen der beschränken Mittel seines Landes nicht imstande, eine eigene Flotte zu halten, er mußte sich darauf beschränken, die Schiffe von seinem Schiffsdirektor Raule zu mieten. Mit Hilfe solcher Schiffe entriß er Pommern und Rügen den Schweden. Als Spanien anhaltend mit der Auszahlung der Subsidiengelder zögerte, die es dem Kurfürsten aus den französischen Kriegen schuldig war, rüstete er ein Geschwader aus, das die Aufgabe erhielt, auf spanische Schiffe zwecks Repressalien zu kreuzen. Nachdem dies Geschwader bereits 1680 den Spaniern ein Schiff mit sehr wertvoller Ladung genommen hatte, bildete er im folgenden Jahr zwei kleinere Geschwader, dessen größeres aus fünf Fregatten bestand und von Kapitän Alders befehligt wurde. Spanien hatte eine Silberflotte aus Westindien zu erwarten, die bei Cadix landen sollte. Alders wurde mit seinen fünf Schiffen dorthin entsandt, um der Flotte aufzulauern. Seine Ankunft erregte in Spanien großen Schrecken. Nicht weniger als zwölf Kriegsschiffe und zwei Brander wurden ihm entgegengeschickt. Der Brandenburger nahm den Kampf mit der Uebermacht auf. Zwei Stunden lang schlug er sich aufs tapferste, wobei es ihm gelang, zwei spanische Schiffe zum Sinken zu bringen. Dann zog er sich nach Lagos in Portugal zurück, um seine arg zerschossenen Fregatten auszubessern. Die Silberflotte entging ihm freilich, aber seine Tapferkeit begründete den Ruhm des Brandenburger Adlers auf dem Meere.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 867. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0867.jpg&oldid=- (Version vom 4.6.2023)