Seite:Die Gemälde-Galerie des Grafen A. F. v. Schack.pdf/35

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selbstverständlichen Aufforderung, ich sollte sie bewundern. Alsdann war es für mich schwer, einen Ausweg zu finden; wusste ich doch aus Erfahrung, dass der leiseste Zweifel an der Echtheit solcher vermeintlichen Juwelen genüge, den Besitzer in die gereizteste Gemütsstimmung zu versetzen. Glücklich, wer bei derartigem Anlass, und namentlich, wenn er auf sein Gewissen über sein Urteil befragt wird, mit einigen nichtssagenden Redensarten und der Versicherung seiner völligen Inkompetenz, die ihn im Falle allzugrosser Wahrheitsliebe bedrohenden Insulten von sich abzuwehren weiss! – Indessen auch grosse Geldmittel, über die ein Freund alter Gemälde verfügt, leisten keineswegs immer Gewähr, dass er wirkliche Kunstschätze dafür erwerbe. Da selbst Solche, die durch das eifrigste Studium sich zur Kennerschaft zu bilden gesucht, oft sich in der ärgsten Weise haben täuschen lassen, wie sollte ein Geldmann, ein Banquier den richtigen Blick besitzen, der ihn vor Betrug sicher stellen könnte? Wenn er Andere, die vielleicht mehr als er selbst von der Sache verstehen, um Rat fragt – werden sie ihm immer nach bestem Ermessen, nicht bisweilen auch von ihrem Interesse geleitet, ihre Meinung sagen? Gibt nun ein solcher Krösus grosse Summen für wertlose Crouten hin, so ist dieser oft vorkommende Fall noch viel beklagenswerter, als der obige, wo die Rafaele und Tiziane für Spottpreise auf den Jahrmärkten gekauft sind; denn man denkt unwillkürlich, wie vielen Nutzen die so für ein Nichts verschleuderten Summen den Kunstbestrebungen der Gegenwart hätten schaffen können. Noch unlängst ist eine Auktion gewesen, über die ein Einsichtiger ausführlich berichten sollte, um die Welt vor Schwindel beim Verkauf, vor Unverstand beim Ankauf von Gemälden zu warnen. Eine Sammlung von grösstenteils nicht sehr wertvollen Bildern wurde in vielen Zeitungen als die herrlichste angepriesen, die je unter den Hammer gekommen; die gemachte Reklame bewirkte, dass von allen Seiten Liebhaber, und selbst Bevollmächtigte der Staatsmuseen, zu der Versteigerung zusammenströmten, und letztere ward so geschickt geleitet, dass ausserordentlich hohe Preise erzielt wurden. Die höchsten aber zahlte man gerade für Bilder, an deren Echtheit nur völlige Urteilslosigkeit glauben konnte. Wegen einiger derselben waren alle Kenner dahin einverstanden, sie seien moderne, in Absicht des Betruges gefertigte Nachahmungen. Diese waren nicht übel geraten, und ein Liebhaber hätte immerhin ein paar Tausend Franken geben dürfen. Nun aber kauften reiche Banquiers dieselben für eben so viele Hunderttausende. Es gibt förmlich Anlass zur Melancholie, wenn man erwägt, wie eine solche Summe, welche bei ihrer diesmaligen Verwendung die schlecht beratenen Käufer nur dem Gelächter aussetzte, die ganze Existenz vieler lebender Künstler hätte sichern können. – Wie sehr Privatleute beim Sammeln alter Gemälde der Gefahr ausgesetzt sind, wertlosen Plunder aufzuhäufen, geht aus der Betrachtung hervor, dass selbst öffentliche Galerien, bei denen doch meistens erfahrene Männer die Ankäufe leiten, höchst unglücklich in denselben gewesen sind. Die Gemäldesammlungen ersten Ranges, wie die von Florenz, Dresden, Wien, München, Paris und Madrid, bestehen, wenn sie sich auch früher an verschiedenen Lokalitäten befanden, schon seit Jahrhunderten, und sind bereits während der Blütenperioden der alten Kunst, oder doch in Zeiten gebildet worden, als deren Denkmale unter günstigen Umständen leicht zu erwerben waren. Jetzt ist das Ausgezeichnetste in festen Händen, und nur selten kommt ein Bild ersten Ranges noch zum Verkauf. Für ein solches enorme Summen auszugeben, ist gewiss gerechtfertigt. Die sistinische Madonna hat den für die damalige Zeit exorbitanten Ankaufspreis mit Wucher zurückgezahlt; denn ohne sie wäre Dresden, wäre das Königreich Sachsen nicht, was sie heute sind. Aber die Gelegenheit zu solchen oder ähnlichen Käufen wird jetzt so leicht nicht wiederkehren, und in diesem Fall würden die geforderten Beträge zehnfach höher sein. Man muss es nun zwar für sehr löblich halten, dass die grossen Städte, welche bisher keine bedeutenden Kunstschätze besassen, danach trachten, sich mit Sammlungen alter Gemälde zu schmücken; indessen selbst für Milliarden würde es nicht mehr möglich sein, sich in den Besitz von Kunstwerken zu setzen, wie sie z. B. der Palast Pitti in Florenz enthält. In unserem Jahrhundert sind in London, in Berlin und in Petersburg mit ungeheurem Kostenaufwand und auch gewiss mit vielem Erfolg, Galerien alter Gemälde angelegt worden, und sie werden jährlich durch neue Erwerbungen bereichert. Allein bei dem redlichsten Willen der Vorsteher dieser Anstalten, trotz der Einsicht und Umsicht, die dabei zur Anwendung kommt, kann es nicht ausbleiben, dass neben Trefflichem auch Mittelgut angekauft wird, ja dass hohe Summen für Falsifikate ausgegeben werden. Und wenn es nicht Falsifikate sind, wenn die Gemälde, die mit grossen Namen prangen und deshalb sehr teuer bezahlt werden, wirklich ursprünglich Originale gewesen sein mögen, wie oft sind sie mit dicken Schichten von Uebermalung bedeckt, unter denen die ursprünglichen Umrisse verschwinden! – Am weisesten handelten noch solche Museumsvorstände, welche die schlechten oder unechten Bilder, die von ungeschickten Agenten angekauft waren, gar nicht aufhängten, sondern aufgerollt in den sogenannten Depots liegen liessen. Dass auf diese Weise der beste Wille, Gutes zu erwerben, oft scheitert, kann Den nicht wundernehmen, der einerseits die Schwäche der menschlichen Urteilskraft, andererseits den Schwindel kennt, der seit lange im Kunsthandel herrscht. Es ist bekannt, dass im vorigen Jahrhundert, als Rubens besonders in der Mode war, in Polen förmliche Werkstätten zur Anfertigung von Bildern des grossen Niederländers vorhanden waren. In verschiedenen Städten Italiens habe ich Magazine von Kunsthändlern gefunden, in denen beständig eine reiche Auswahl von Michel Angelos, Correggios, Rafaels war. Der Handel erwies sich als sehr ergiebig; denn es fanden sich immer Reisende genug, die dergleichen für bedeutende Summen kauften und stolz in ihre Heimat, besonders nach England und Amerika, hinwegführten. In Sevilla sah ich einmal den ganzen Patio eines Hotels mit Murillos angefüllt, deren Anblick mich für den ganzen Tag verstimmte, wenn ich den Hof durchschritt, die aber nichtsdestoweniger ihre Liebhaber fanden. Der Maler Bernhard Fries hat mir erzählt, sein Hauswirt in Rom habe ihn vielfach aufgefordert, für ihn bald Ruysdaels, bald Claude Lorrains zu malen. Fries lehnte dies natürlich ab, obgleich er viel dabei hätte gewinnen können. Der Hauswirt dagegen, der grosse Geschicklichkeit besass, machte ein wahres Handwerk daraus, Bilder der verschiedensten alten Meister nachzuahmen, und Fries versicherte, später in mehreren öffentlichen Galerien die von dem ehrlichen Römer geschmiedeten alten Italiener und Niederländer wiedergefunden zu haben. Ein interessantes Beispiel von der Trüglichkeit vermeintlicher Kennerschaft ist folgendes, das mir der verstorbene Direktor Waagen in Berlin mitteilte. In Wien tauchte ein Bild auf, welches von Manchen für einen Correggio gehalten wurde und die Augen des Fürsten *** auf sich zog. Dieser war nicht abgeneigt, es zu kaufen, wollte aber, da ein hoher Preis gefordert wurde, zunächst der Authentizität desselben sicher sein. Er wandte sich deshalb an den Archäologen Hirt aus Dresden, der im ersten Viertel unseres Jahrhunderts für eine grosse Autorität in Kunstdingen galt. Hirt erklärte das Bild für echt, hielt jedoch, um seiner Sache völlig gewiss zu werden, für nötig, den Correggio noch speziell zu studiren. Obgleich er eine Anzahl von dessen Hauptwerken schon von Dresden her gründlich kannte, begab er sich doch zu diesem Zwecke noch nach Italien, speziell nach Parma. Von seiner Studienreise zurückgekehrt, unterzog er das fragliche Bild von neuem der sorgfältigsten Prüfung und erklärte es schliesslich für einen höchst vorzüglichen Correggio. So kaufte der Fürst dasselbe, und es