Seite:Die Gemälde-Galerie des Grafen A. F. v. Schack.pdf/46

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sehen; daher übertrug ich ihm mit Freude die Ausführung jenes Schlachtstückes in grossem Massstabe. Leider hinderte ihn die Notwendigkeit, andere unternommene Arbeiten zu vollenden, lange an dem Beginne der für mich bestimmten; und als er endlich an die Zeichnung des Kartons gegangen war, überraschte ihn der Tod. Wie das frühe Hinscheiden des talentvollen Mannes, der noch Wertvolles für die Kunst hätte schaffen können, so beklagte ich es auch, meine Sammlung nicht mit einem Werke seiner Hand bereichern zu können, das seiner eigenen Meinung nach die bedeutendste aller seiner Leistungen geworden sein würde. Nur einen spärlichen Ersatz dafür boten mir einige Bildnisse Rahls, deren Erwerbung mir später gelang. Er hat in früheren Jahren sehr viel Porträts gemalt, die sich meistens in Wien, Oldenburg und Holstein befinden. Dieselben sind sehr ungleich an Wert; manche nur flüchtig hingeworfen, andere dagegen vortrefflich. Das Gleiche gilt von den in meiner Galerie befindlichen. Das Bildnis des Landschaftsmalers Willers, sowie dasjenige eines alten Mannes mit langem weissem Bart, könnten sich neben den Bildern guter alter Meister behaupten; die beiden Frauenköpfe dagegen, die nur als Studien zu betrachten sind, scheinen mir geringer.

Ein äusserst feiner und geistvoller Künstler im Fache des höheren Genre ist Ludwig von Hagn. Ich habe seine Arbeiten stets mit grosser Teilnahme verfolgt und das Entstehen, wie den Fortgang seiner Werke hier und in Rom beobachtet, wo ich den hochgebildeten Mann mehrmals getroffen. Lange Zeit wandte er mit Vorliebe das Rokokokostüm auf seinen Bildern an, und letzteres, mag man meine Abneigung gegen dasselbe auch kindisch schelten, verleidete mir einigermassen die Freude an ihnen. Für mein Gefühl klebt diesem Kostüm immer etwas Nüchternes und Prosaisches an, und ich begreife nicht, wesshalb ein Maler unter so vielen anderen, ihm zu Gebote stehenden, sich gerade dieses wählen mag, das so wenig pittoresken Reiz bietet und an Hässlichkeit nur von dem heutigen übertroffen wird. Als ich einst in Hagns Atelier trat, freute es mich daher sehr, zu bemerken, dass er selbst dieser Meinung geworden zu sein schien. Ich fand bei ihm eine fast vollendete italienische Gartenscene, Männer und Frauen in der schönen Tracht der Renaissance, im behaglichen Genusse der Gegenwart, teils mit Musiziren, teils mit gegenseitiger Unterhaltung beschäftigt. Es erschien mir als die Krone aller bisher von mir gesehenen Bilder Hagns, und ich zögerte nicht, es meiner Kollektion hinzuzufügen. Der wonnevolle Aufenthalt in den Gärten des Südens könnte nicht anmutiger geschildert sein, und lebendig sehen wir hier vor uns jene schöne Zeit, da Künstler, Gelehrte und Dichter, in Gesellschaft reizender, an geistiger Bildung mit den Männern wetteifernder Frauen, ihre allem Edlen geweihten Zusammenkünfte hielten. – Ein zweites, im gleichen Geiste konzipirtes Gemälde Hagns stellt eine Terrasse des Gartens Colonna vor und ist, gleich jenem, von holden Frauengestalten belebt.

Allzu früh musste ich den Verlust des mir innig befreundeten ungemein begabten August Henneberg beklagen. Er hatte, obgleich der Kunst von Jugend auf hold, sich doch der ausschliesslichen Beschäftigung mit derselben erst spät zugewendet und verspürte die Folgen davon bis an sein Ende. Es war ein unschätzbarer Vorteil für die Maler des 16. und 17. Jahrhundertes, dass sie schon als Knaben in die Schulen der grossen Meister kamen, und wenn sie zuerst auch nur Farbenreiberdienste thaten, doch nach und nach, ebenso leicht, wie ein Kind fremde Sprachen erlernt, sich fast spielend die Technik des Zeichnens und Malens aneigneten. Talent und Genie lassen sich nicht lernen, und wo sie fehlen, wird alle Uebung nie zur Produktion von Bedeutendem führen; doch wo sie vorhanden sind, wird ihre volle Entwickelung durch frühe Uebung sehr erleichtert, und der Künstler, der letzterer entbehrt, hat diesen Mangel noch lange, wenn nicht für immer zu empfinden. So erging es Henneberg. Ich möchte ihm mehr als Talent, ich möchte ihm Genie zuschreiben; allein er arbeitete mit grosser Anstrengung, und da er als echter Künstler sich nicht Rast gönnte, bis er Komposition, Zeichnung und Färbung zu seiner vollkommenen Zufriedenheit bewältigt hatte, rückte sein Schaffen sehr langsam vor. Mit seinem „Ritt nach dem Glücke“ war er wohl zehn Jahre lang beschäftigt; nachdem er unter vieler Mühe die Zeichnung in festen Strichen auf die Leinwand gebracht, änderte er doch beständig, und oft in nicht glücklicher Weise, daran. Es war in ihm eine gewisse Unsicherheit; jede kritische Auslassung seiner Freunde erschien ihm als wichtig; oft befolgte er den Ratschlag des Einen, bis dann ein Anderer in sein Atelier trat und er, diesem Gehör gebend, wieder zu seinem früheren Entwurfe zurückkehrte. So ist die Komposition vielmals umgeworfen und neu gestaltet worden, bis sie zuletzt in ihre endgültige Form kam, die der Maler doch nur missmutig bestehen liess, indem er daran verzweifelte, etwas ganz Genügendes schaffen zu können. Ich glaube nicht, dass diese letzte Form die glücklichste war; bei ihrem Anblick schien es mir, dass ich das Bild früher viel schöner gesehen hätte. Das erste Gemälde, durch das Henneberg verdientes Aufsehen erregte, war seine wilde Jagd, die er zweimal gemalt hat. Das eine