Seite:Die Geschichte der Herrschaft Eisenburg Ludwig Mayr 117.jpg

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sonst viel in Bezug auf das Wesen dieses sonderbaren Überbleibsels aus dem alten Gaugericht aus Urzeiten verdanken (s. U.B.). Unter Sebastian Reichlin beginnt anscheinend die Abwanderung der Juden, vielleicht nach Fellheim. Wenigstens nimmt 1564, 27.3., eine Barbara, des Martin Mair Witwe zu Amendingen, ein Haus und Gütlein um 50 fl in Bestand, das vordem Leo Jud innegehabt, und zwar zu rechtem und ewigem Erblehen (Sti. 46.1) und nach Dr. M. S. 23 ein Jörg Stauber aus Eisenburg ein solches zu Schwaighausen um 43 fl, das vormals des Joß und dessen Tochtermann Salomo (Salma), der schon 1554 auftritt (Sti. 51.4). Auch 1580 wird von obengenanntem Gütlein zu Amendingen gelegentlich einer Neuvergebung durch die Brüder Reichlin (Sti. 46.1) noch bemerkt, daß es ehedem dem Leo Jud gehörte. – Inzwischen liegen nun schwere Klagen gegen der Juden Geschäftsgebaren und schwere Verschärfungen des Verkehrsverbots mit ihnen. Am 30. Juli 1571 erschien sogar der kaiserliche Notar Georg Neser von Leupolz, der Ratsherr Hans Remboldt Funckh, der Advokat Dr. Ulrich Wolffhart und der Stadtschreiber Lukas Möst auf eindringliche Klagen gegen die Amendinger Juden Jakob, gen. Oculi, sein Weib Magdalena, Salomon den Doktor samt Weib, des Hirsch Sohn Nüberlin, die fortgesetzt dem Verbot zum Trotz Geld auf Pfänder geliehen hatten, auf Schloß Eisenburg und reichten eine schriftliche Protestation gegen deren Wucherzinsen ein. Die Pfänder wurden auf Grund kaiserlichen Freiheitsbriefes als verwirkt erklärt, die Herrschaft sei verpflichtet, der Stadt behilflich zu sein, die jüdischen Freiheiten hätten keine Geltung usw. Wenn Herr Reichlin nicht für Herausgabe der Pfänder sorge, käme es zu einem Rechtsstreit, bei dem die Herrschaft zu 40 Mark Geld verurteilt werden könne. Reichlin behielt sich Bedenkzeit vor – und es kam wirklich zum Prozeß vor dem Kammergericht, vor welches Kaiser Karl am 1.7.1573 die Juden von Amendingen laden ließ und welches dieselben zu 12 Mark Geldes und Herausgabe der Pfänder verurteilte. Allein sie gaben dem Urteil „kein volg“, und bis es zu erneuter Verhandlung kam, trat – eine Hungersnot ein, mit „grausamer Hauptkrankheit“ und „Viehsterbent“, was die Leute noch mehr als gewöhnlich „hinter die Juden“ trieb. Die allgemeine Verschuldung veranlaßte den Magistrat zu genauen Erkundigungen über die Judenschuldner 1573, wobei sich ergab, daß 2 Schuster, 3 Schneider, 4 Gerber, je 6 Kramer und Metzger, 7 Merzler, 8 Schmiede, 47 Weber, und nur bei den Bäckern keiner, im Schuldbuch meist der Amendinger Juden stand. 16 hatten sich „schon mit den Juden vertragen“. Als

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Ludwig Mayr: Geschichte der Herrschaft Eisenburg. Selbstverlag, Steinbach bei Memmingen 1914–1918, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Geschichte_der_Herrschaft_Eisenburg_Ludwig_Mayr_117.jpg&oldid=- (Version vom 9.10.2022)