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einen Großteil der Gelder, zur Verfügung stellte. Es ließ sich also ein beträchtlicher Ausflugsverkehr erwarten, da diese Hochwarte wohl den umfassendsten Rundblick auf die schwäbisch-bayerische Hochebene gewährt (s. die 1914 erschienene „Rundschau“ von Roggenhofer und Wegmann, Verlag des Verschönerungs-Vereins Memmingen). Nach Überwindung von 152 leicht zu nehmenden Stufen, die durch Ruhepunkte unterbrochen sind (wie denn die ganze Anlage des Turmes derart ist, daß ältere Leute und solche, die leicht vom Schwindel ergriffen werden, den Aufstieg getrost wagen können), hat man von der Plattform, die rund 700 m über dem Meeresspiegel und 100 m über Memmingen liegt, ein wunderbares Alpenpanorama vor sich. – Die Eingabe aber ward abschlägig beschieden „Lant it lugg“ sagt der Schwabe, und so ward das nächste Jahr die erneute Eingabe durch Entscheid des Verkehrsministers v. Frauendorfer vom 2.3.1908 mit Erfolg gekrönt und die Haltestelle Eisenburg am 1.5.1908 in aller Stille eröffnet. Die Kosten der Haltestelle erforderten, trotzdem Herr Forster und Herr v. Heuß-Blößt-Trunkelsberg und der Stadtmagistrat Zuschüsse leisteten, eine 50% Umlage.

Größere Verkehrswunder durfte die Gemeinde genießen, als am 2. April 1909 Zeppelin, von seiner berühmten 1. Münchener Fahrt zurückkehrend, hart an der südlichen Flurgrenze hoch in den Lüften Ahnungen der Wunder der Technik der kommenden Zeiten weckte. Seitdem ist ein Zeppelinkreuzer nichts Neues mehr für unsere Kinder, die im Herbst 1913 auch des 1. Fliegers ansichtig wurden. Das hatten sich die alten Isenburger doch nicht träumen lassen! Möchten doch die unerhörten kulturellen Errungenschaften der neuesten Zeit auch Hand in Hand gehen mit innerlicher Vertiefung dieser Kultur, daß die klaffende Schlucht nicht noch unüberbrückbar werde!

Schließlich brachte das Jahr 1913/14 weitere 2 Merkmale erwachten Fortschrittes: Die gemeindliche Wasserleitung und die Elektrizität. Erstere hatte der trockene Sommer 1911 in Fluß und der nasse von 1913 um rund 40 000 M. in Ausführung gebracht. Letztere brachte Licht und Kraft im Anschluß an das große mittelschwäbische Überlandwerk, wobei wieder die Herrschaft bahnbrechend voranging, welche seit 1911 nach und nach die bisherigen Pachtgüter in eigenen Betrieb nimmt. Am 16. April 1914 flammten erstmals im Schloß, in der Schloßwirtschaft und im Schloßgut bei 200 Glühbirnen auf. In gewisser Beziehung ebenfalls ein bedeutungsvoller Augenblick für die noch nicht blasierten Dörfler, welche deshalb auch nicht versäumten ihn entsprechend zu feiern.

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Ludwig Mayr: Geschichte der Herrschaft Eisenburg. Selbstverlag, Steinbach bei Memmingen 1914–1918, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Geschichte_der_Herrschaft_Eisenburg_Ludwig_Mayr_291.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2022)