Seite:Die Goldkarawane.pdf/121

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genug! – es war mir nun, als raune eine innere Stimme mir zu, nochmals umzukehren und die Dünn genauer abzusuchen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man solchen Eingebungen des Augenblicks besser Folge leisten soll. Daher befand ich mich auch gleich darauf wieder am Fuße des östlicheren der beiden Sandberge an dessen Steilseite, wo stellenweise jene überhängenden Anhäufungen der Sandmassen sich gebildet hatten, die der Beduine mit Dschebel el Mirk, Felsen der Täuschung, wohl deswegen bezeichnet, weil diese weit nach außen gebogenen, riesigen Sandbuckel von weitem wie Felsen wirken, da ja der lose Wüstensand gewöhnlich derartige Formen nicht annimmt, eben nur dort, wo die Wanderdünen auf ihrem Wege auf ein Hindernis in Gestalt eines mit Gestrüpp bewachsenen Hügels treffen und die Büsche und Sträucher den herabrieselnden Sand auffangen und wie ein natürliches Dach über sich anhäufen. Diese Dschebel el Mirk können unter besonnders günstigen örtlichen Verhältnissen ganz gewaltige Abmessungen annehmen, bis dann eines Tages die sie tragende Strauchdecke nachgibt und der ganze Buckel herabstürzt, was auch infolge Belastung der oberen Teile durch ein Tier, oder einen Menschen, aber auch schon durch stärkere Windstöße geschehen kann.

Ich ritt nun ganz langsam an mehreren solcher Felsen der Täuschung vorüber, die rechts von mir oben am Steilhang wie erstarrte Wogenkämme hingen. Ich glaube, dieser Vergleich paßt am besten für sie innerhalb des Sandmeeres der Sahara.

Plötzlich tat mein Falber einen kleinen Satz nach rückwärts. Ich hatte nicht aufgepaßt und wäre beinahe aus dem Sattel geflogen. Als ich nun nach der Ursache dieser an meinen braven Tiere ganz ungewohnten Unart suchte, zuckte ich selbst erschrocken zusammen, denn dort drei Schritt vor mir ragte aus einem Sandhügel dicht am Fuße der Düne – eine menschliche Hand

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/121&oldid=- (Version vom 28.10.2018)