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hier etwas Besonderes vorbereitete, daß die Channeks ganz offenbar durch das Entfernen der Zelte bis auf eins den Eindruck hervorrufen wollten, als ob sich in der Schlucht zur Bewachung der Herde nur ganz wenige Leute befänden, – dies hatte ich mir schon selbst zusammengereimt; weiter auch, daß hierdurch natürlich irgend welche Leute getäuscht werden sollten, die wahrscheinlich sehr bald in der Schlucht oder doch oben an deren Rändern erscheinen würden. Rechnete Augustus nun etwa auf Hilfe von Seiten dieser Unbekannten?! Es mußte wohl so sein. Sonst wären diese Worte „Warten Sie ab“ ja ganz sinnlos gewesen.

Plötzlich merkte ich, daß mein kleiner Hintermann seine Hände sehr eifrig zu bewegen begann. Ich als der größere von uns hatte die meinen etwa in seinem Kreuz. Was er beabsichtigte, wußte ich nicht. Ich spürte nur, daß er nach einer Weile die eine Hand ganz regelmäßig hob und senkte.

Dann – ich bekam geradezu einen Schreck! – fühlte ich, wie eine Hand meine Riemen an den Handgelenken betastete, fühlte ein Zerren an den Fesseln, dann ein Schwinden des Druckes der Riemen auf meiner Haut, das nur eine Ursache haben konnte: Zerschneiden der Lederstricke!

Ganz vorsichtig versuchte ich nun, ob meine Handgelenke sich voneinander entfernen ließen: Wirklich – es ging! Meine Hände waren also frei.

Der Channek, der uns hier bewachte, war ein sehr großer, starker Bursche mit finsteren, drohenden Augen. Er hockte vor unseren Köpfen am Boden und hatte seine Büchse – es war eine doppelläufige Vorderladerflinte – im Schoße liegen. Als Augustus nun abermals zu stöhnen und allerlei Klagelaute auszustoßen begann, beugte er sich über ihn und fragte sichtlich besorgt, ob der Ferengi (Fremde, Europäer[ws 1]) große Schmerzen hätte.

Ich ahnte jetzt bereits, was der Kleine vorhatte, gab

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Wort Ferengi (Ferendschi) leitet sich von Franke ab.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/167&oldid=- (Version vom 31.7.2018)