Seite:Die Goldkarawane.pdf/184

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und daß der Heilige von irgend welchen Banditen angegriffen worden war.

Nun befand ich mich endlich oben auf der Höhe – nun lag vor mir ein kahler, glatter Abhang wie eine Riesenmauer. Und unter mir ein ovaler Talkessel; mitten darin ein einzelner turmartiger Felsen, auf dem ein schlanker, kleiner Säulenbau mit zwiebelförmigem Dach sich erhob! Der Tempel – er war’s ohne Zweifel! Und dort an der einen Seite des Turmfelsens auf dem Grunde des Tales bewegten sich Gestalten, blitzten Schüsse auf, während von dem Heiligtume das rollende Dröhnen der Löwenstimmen herabtönte.

Ich hastete weiter. Hier gab es keine Möglichkeit, in den Felsenkessel hinabzugelangen. Die Wände waren zu hoch, zu steil. Ich lief nach rechts herum, wo ich einige der Angreifer in ihren hellen Mänteln und den Geierflügeln an den Kapuzen deutlich als Channeks erkannte. Sie duckten sich hinter Steinen zusammen, suchten weiter auf den Felsen vorzudringen, der an der Südseite, wie ich nun erst bemerkte, eine Treppe besaß, die in das Gestein im Zickzack eingehauen war. Noch mehr gewahrte ich: daß von oben vom Tempel her gleichfalls gefeuert wurde, daß bereits drei Gestalten regungslos dicht vor dem Anfang der Treppe lagen, drei andere wieder sich mühsam wegzuschleppen suchten.

All das gab ein so unwirkliches, ein scheinbar von einer überhitzten Fieberphantasie geschaffenes Nachtbild ab, daß mein hastender Fuß unwillkürlich stockte.

Dann – wieder ein Neues!

Das Mondlicht bestrahlte gerade die Zickzacklinie der geländerlosen Treppe. Gelbrote Tierkörper – zwei – drei huschten die Stufen abwärts.

Unten im Tal ein vielfaches Geschrei, ein Geheul der Angst – fliehende Menschen mit flatternden Mänteln,

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/184&oldid=- (Version vom 31.7.2018)