Seite:Die Goldkarawane.pdf/191

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Als ich ein Jahr diesen Tempel bewohnte, kam mir der Gedanke, meinem Halbbruder Anton Rastra – meine Mutter hatte zum zweiten Male sich mit einem deutschen Kaufmann namens Rastra verheiratet – eine Mitteilung zugehen zu lassen über meine letzten Erlebnisse, soweit sie mit der Goldkarawane zusammenhängen. Ich schickte ihm durch einen mir treu ergebenen Beduinen dann lediglich von Algier aus jene Niederschrift zu, von der Ihnen Augustus Wruke bereits erzählt hat. Ich tat’s in der Erwartung, daß er den damals durch den Verlust des Goldes so schwer geschadigten Pariser Juwelieren diese meine Aufzeichnungen zur Verfügung stellen würde, damit sie Schritte unternehmen könnten, das Gold zu bergen. Ich scheine mich jedoch in ihm getäuscht zu haben. Er ist doch offenbar mit der Absicht nach Afrika gekommen, sich das anzueignen, was nicht ihm gehört und woran so viel Blut klebt, daß nur ein besonders verhärteter Charakter den Mut haben kann, danach die Hände auszustrecken. Nun – das Gold wird nie sein werden – niemals! Schade um Anton! Ich habe ihn stets lieb gehabt. Er war, bevor ich selbst auf die abschüssige Bahn des Abenteurertums geriet, ein braver, fleißiger, hochbegabter Mensch, der ehrlich sein Brot als Ingenieur in einer Maschinenfabrik in Berlin verdiente. Er weiß nicht, wo ich mich jetzt befinde, was aus mir geworden, und er soll es auch nie erfahren! Versprechen Sie mir, daß Sie gegen jedem über diesen Besuch hier in dem Tempel schweigen werden!“

Ich gelobte es. Er bereitete mir dann ein Lager, und sehr bald war ich auch fest eingeschlafen. Die Sonne stand schon recht hoch, als ich erwachte. Ich fand Zuitenbrook draußen auf dem Vorplatz des Heiligtumes auf einer Steinbank sitzen. Seine drei Löwen lagen neben ihm. Ich bedankte mich, nachdem ich noch schnell einen Imbiß eingenommen hatte, für seine Gastfreundlichkeit. Ich war dabei fest überzeugt, daß ich ihn nicht

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/191&oldid=- (Version vom 31.7.2018)