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Nacht. Wiederholt drängte sich mir die scheue Frage auf: Hast Du all das auch nicht lediglich geträumt? – Doch ebenso schnell verscheuchte ich dieses zwecklose Grübeln: es waren tatsächliche Erlebnisse gewesen – alles – alles! Ich brauchte ja nur auf den Ringfinger meiner linken Hand zu sehen, denn dort – blinkte ein glatter Goldreif mit einer kleinen, geschnittenen Gemme, dem Kopf eines römischen Kriegers, als Platte. Es war das Andenken, das der weißhaarige Einsiedler mir wortlos beim Abschied in die Hand gedrückt hatte.

Eine Stunde lang war ich jetzt durch die Felsenwildnis geirrt. Das Tal, in dem wir gelagert hatten, mußte noch weit entfernt nach Osten zu liegen. So nahm ich an, ahnungslos, daß ich mich in der vergangenen Nacht teilweise im Kreise bewegt hatte. Dies wurde mir erst zur Gewißheit, als ich von einem Hügel aus unter mir jenes nach der Wüste zu in sanftem Abfall sich öffnende breite Tal vor mir sah, in dessen südlichster Ecke wir gerastet hatten. Es war ohne Zweifel das gesuchte. Aber – von meinen Gefährten war nirgends etwas zu bemerken. Da wurde ich wieder unsicher. Irrte ich mich doch vielleicht? Konnte es hier nicht mehrere solcher Täler geben, die sich von der Ebene in die Hügelkette mit ungefähr gleicher Gestalt hineinzogen?

Ich wollte der Sache sofort auf den Grund gehen, stieg die Talwand hinab, fand sofort die beiden erloschenen Feuer, fand genügend Anzeichen, daß hier Leute gelagert hatten. Aber – ich entdeckte noch mehr: zwei Blutlachen; eine dritte dann einige Meter entfernt; und im Sande erkannte ich nun auch die Eindrücke von Kamelhufen! – Bei unserem Trupp hatten sich nur Pferde befunden! Mithin waren Fremde hier gewesen. Wer – die Frage war leicht zu beantworten: natürlich ein Teil der Channeks und ihrer Begleiter! – Vielleicht

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/193&oldid=- (Version vom 31.7.2018)