Seite:Die Goldkarawane.pdf/43

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ibrahim ben Ikba! Wie nur, wie war er hierher gelangt – gerade noch im letzten Augenblick?!

Er hielt meine Rechte in seinen Händen, kniete vor mir, stammelte Worte einer unaussprechlichen Freude.

„Sidi – Du lebst, lebst! Sidi, mein Herz jubelt, meine Seele preist Allah, der den Guten beisteht, die Schlechten straft!“

Er wußte nicht, was er alles tun sollte, nur um mir zu zeigen, wie glücklich er war, gerade mich gerettet zu haben, der ihm das Augenlicht zurückgegeben. Seine Dankbarkeit hatte ja schon vordem sich in allerhand Beteurungen über seine Lippen gedrängt, – täglich, wenn wir gemeinsam durch die Straßen Algiers schlenderten, er noch mit der grauen Brillen vor den Augen, aber doch bereits alles ringsum erkennend. Da war sein übervolles Herz so und so oft übergeflossen, da hatte er so und so oft nach meiner Hand getastet und geflüstert:

„Sidi, mein Leben gehört Dir!“

Und nun hatte er wirklich Gelegenheit gehabt, zu beweisen, daß es nicht bloße Worte gewesen, dieses „Mein Leben gehört Dir!“ Ich ahnte, daß er mit höchster eigener Gefahr mich aus dem Brunnen herausgeholt haben mußte. Er konnte ja nicht schwimmen. Kaum ein Araber aus der Wüste versteht diese Kunst. Wo sollte er’s auch gelernt haben?!

Ich nickte ihm freundlich zu, sagte mühsam und vor Heiserkeit kaum verständlich:

„Wie hast Du nur gewußt, daß ich gerade hier war – hier im Hause der Aussätzigen?“

Da begann er zu erzählen.

„Sidi, als wir vorgestern von dem großen Arzte kamen, bemerkte ich den alten Bettler in der Ferne, der sich schon wiederholt an uns herangedrängt hatte. Er schlich uns nach. Ich sah es sehr wohl. Aber ich schwieg, wollte, wenn es mir erst besser ginge, ihm einmal selbst auf den Fersen bleiben. Sidi, ich habe mir in

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)