Seite:Die Goldkarawane.pdf/92

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damit Sie leichter werden, rette ich Sie nicht zum zweiten Male, darauf können Sie Gift nehmen! Im übrigen: Den Dank, Dame, begehre ich nicht. Schenken Sie sich jeden Applaus, jeden! Denn diese ganze Sache war bei der verblüffenden Unerfahrenheit dieser Rinaldo Rinaldinis[ws 1] so lächerlich einfach wie die Rolle des Appels, der dem Knaben Tell vom Kopfe geschossen wird.“

Ich drückte ihm auch nur schweigend die Hand, zumal er sofort, hinter dem ersten Felsbrocken stehen bleibend, das Wort an eine dort lang am Boden ausgestreckte Gestalt richtete:

„Flora, bitte erhebe Dich von Deinem Pfühl! Wir müssen diesen unfreundlichen Gefilden zunächst mal den Rücken kehren.“

Die magere Himmelsziege sprang auf, schüttelte sich – ich hörte beinahe die Knochen klappern! – und folgte dann ihrem Herrn, der ohne Zögern den Weg fortgesetzt hatte.

Ich bildete also den Nachtrab, hatte als Vordermann Floras Rückansicht mit dem hin und her pendelnden Stummelschwanz, der höchstens noch zwanzig Zentimeter lang war und durchaus einer zusammengetrockneten Mohrrübe mit ein paar Wurzelfasern glich.

Meine Augen, jetzt an die schwache nächtliche Beleuchtung gewöhnt, waren gezwungen, auf diesen Vordermann recht genau achtzugeben, da wir auf einem schmalen Sandstrich in einem ausgetrockneten Flußbett dahinwanderten. Nur deshalb gewahrte ich auch sehr bald einen Büchsenlauf, der über den Sattel ein Stück hinausragte. Mir fiel dies deshalb auf, weil Augustus sein Tesching umgehängt trug. – Wo hatte er diese zweite Waffe her? Unwillkürlich suchte ich nun auch ihre unteren Teile zu erkennen. Dann – wie ein Schlag ging’s mir durch den Körper! Und sofort rief ich halblaut:

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Rinaldo Rinaldini ist eine literarische Figur aus Christian August Vulpius Roman Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann, der in Leipzig 1799 bei Heinrich Gräff in drei Bänden erschien. Er gilt als der erfolgreichste deutsche Räuberroman des 19. Jahrhunderts.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/92&oldid=- (Version vom 31.7.2018)