Seite:Die Grafen Peltrière.pdf/12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Die Grafen Peltrière (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3)

nicht mit der Waffe gegenüberzutreten, Baron. Bei uns ist es stets Brauch gewesen, treulose Frauen durch ihre Liebhaber selbst bestrafen zu lassen. Es gehört freilich etwas Erfindungsgabe dazu, um jedesmal eine neue Tragödie zu diesem Zwecke zu inszenieren. Meine Vorfahren waren in dieser Hinsicht geradezu genial. Ob ich ihnen nicht nachstehe, das sollen Sie selbst nachher entscheiden, Rochette.“

Eine furchtbare Ahnung war urplötzlich in dem Baron aufgestiegen. Seine Augen irrten zu dem türkischen Türvorhang hin, zu dem Papierblatt mit den drei dunklen Flecken. Was ihm seine Phantasie dahinter verborgen ausmalte, war zuviel für seine Nerven. Aufstöhnend bedeckte er sein Gesicht mit beiden Händen.

„Nun zu Yvonne, der letzten Gräfin Peltrière,“ fuhr die erbarmungslose Stimme fort. „Aus einem völlig verarmten normannischen Geschlecht holte ich mir mein Weib. Ich liebte es mit jeder Faser meines Herzens. Vielleicht, daß wir Peltrière zu rauhe Naturen sind, daß wir nicht genug schöne Worte machen können, oder unsere Art zu lieben zu ursprünglich, zu unmodern ist. Jedenfalls merkte ich bald, wie Yvonne sich immer scheuer von mir zurückzog. Vergebens suchte ich mir ihre fliehende Zuneigung zu erhalten. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. – Dann kamen Sie. Ich ahnte bald, was in dem Herzen meiner Gattin vorging. Unsäglich habe ich gelitten – unsäglich. Schließlich kam jener Nachmittag im Eichenhain. Ich sah Yvonne in Ihren Armen, ich sah das Glück in den Augen meines Weibes aufleuchten, ein Glück, das ich ihr nie zu geben vermocht hatte – nie! Ich wartete, hoffte auf Ehrlichkeit, offenes Eingestehen. Ich hätte sie freigegeben. Aber

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Grafen Peltrière (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grafen_Peltri%C3%A8re.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)