Seite:Die Grenzboten 1-1841.pdf/47

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang

Autoritäten im Innern zu trennen. Diese letzteren kommen langsam an, zuerst der König, oder wer von der königlichen Familie die Feierlichkeit besucht, dann die Minister, der Generalstab, die Justizbehörden etc. jedes einzelne Corps von rauschendem Trommelschlage begrüßt. Nun erst beginnt die religiöse Feierlichkeit. Aber kann man sich wohl erhoben fühlen, nachdem die Trommeln uns betäubt und jede Erregbarkeit der Nerven erstickt haben? Das Ohr physisch ermattet, ist unfähig der Seele die Erhebung zuzuführen, welche die Kirchenmusik eines Cherubini, Mozart u. s. w. ihr zugedacht. Der Gottesdienst geht wie ein Gefangener unter militärischer Bedeckung; Soldaten vorn und hinten, denn auf gleiche Weise wie sie eingetreten, entfernt sich auch die ganze Versammlung; ein lautes Commandowort erschallt, die Gewehre klirren in dem weiten Dom und unter Trommelschlag zieht die kriegerische Horde aus dem heiligen Tempel.




Gleich am Nachmittage des ersten Tages begann der erste Theil der Wettspiele mit einem Pferderennen in der dazu eingerichteten Ebene von Monplaisir.

Wer kein Pferdeliebhaber ist, kann bei solcher Gelegenheit leicht dazu gestempelt werden, wenn er die vollkommenen Gestalten in Jugendkraft und Jugendfeuer hier vorgeführt sieht, wenn er den langgestreckten Dahinschießenden mit wachsendem Interesse folgt, bis endlich unter lebhaftem Zujauchzen der auf Tribünen und Landauern, auf Omnibus, in Fiakern und auf dem nassen Boden versammelten zahlreichen Menge dem Sieger der Preis zuerkannt wird.

Leider ist aber auch das Pferdeinteresse das Einzige, was zu einem öftern Besuchen dieser Art von Wettspielen auffordert; der Mensch tritt hier ganz zurück. Wer nicht zu den ersten Staatsbeamten, oder der Pferdegesellschaft, ich will sagen der Gesellschaft der Pferdeliebhaber, gehört, muß sich seinen Platz auf einem Omnibus oder an der Leine auf der kothigen Wiese suchen, und da ein solches Fest nie ohne Regen abläuft, so fehlt es nicht an Unannehmlichkeiten mancher Art. Diesmal trat plötzlich, unerwartet und unangemeldet ein heftiger Platzregen ein. Das Volk dachte bei diesen Freiheitsfesten von seinen Freiheitsrechten Gebrauch zu machen und, wie von einem Gedanken geleitet, erstürmte es die Pferdeliebhaber-Tribüne und fing an sich behaglich und bequem einzurichten. Aber die immer mehr zuströmenden Massen wurden dem leichten Brettergebäude zu viel; mit schrecklichem Geräusche krachten mehrere Pfosten zusammen, lautes Hülfsgeschrei, vorzüglich von den Damen, ertönte, die allgemeine Verwirrung, das Rufen und

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang. Herbig, Leipzig 1841, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/47&oldid=- (Version vom 31.7.2018)