verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang | |
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und man befördert höchstens auf der einen Seite die Technik, auf der andern Lohndienerei.
Finge man an, die sich jetzt im Lande vorfindenden musikalischen Kräfte zu sammeln, und bei dergleichen Festlichkeiten (wie vor einem Jahre in Antwerpen ein Versuch gemacht wurde), große musikalische Aufführungen, wo möglich gratis, zu veranstalten, so würde eines Theils die Menge mehr erbaut werden, andern Theils aber die Liebe zur Musik eine tiefere Wurzel schlagen, als durch die Medaillenvertheilung.
Ueberhaupt muß bei einem Volksfeste auf eine Erkräftigung des Volkes und auf ein massenhaftes Einwirken gesehen werden, damit eine bedeutsame Erinnerung, eine nachhaltende Gefühlserregung bleibt. Ich erinnere mich, als bei dem Sängerfeste der Mozartstiftung in Frankfurt, die reich verzierten Schiffe von Hanau, Offenbach und Mainz die eingeladenen Sänger herbeibrachten, die schon aus der Ferne mit Kanonendonner und fröhlichem Böllerschießen empfangen wurden, welchen Eindruck es machte, als man bei dem Näherkommen der Schiffe, allmälig zwischen dem Schießen den Gesang der Gäste mehr und mehr unterschied, wie, als sie endlich, unter dem Wehen der Tücher aus allen Fenstern, ans Land stiegen, und von dem Präsidenten bewillkommnet wurden, wie da die ganze Menge in einen freudigen Willkommsruf ausbrach, und nicht aufhören wollte, Hüte und Tücher zu schwenken — ein Gefühl, die freudige, gastliche Aufnahme der Fremden, bewegte Alle. Ich sah da Greise, mit Thränen in den Augen, dastehen, und hörte sie wiederholt versichern, ein so schönes Fest noch nicht erlebt zu haben. Und doch, was war’s, prosaisch betrachtet? Ein paar verzierte Schiffe, Fremde, die ans Land stiegen, Böllerschüsse – man sollte glauben, nur ein Kind könne davon gerührt werden; aber das ist’s ja gerade, die einfachsten Mittel, wenn sie an das Gefühl sich wenden, überbieten die glänzendsten, welche für den äußern Sinn berechnet sind.
Ja, man lasse bei Volksfesten das Volk selbst thätig werden, selbst empfinden, und der Zweck ist vollkommen erreicht.
Den eigentlichen Schlußpunct der Feste bildete die glänzende, in gewisser Beziehung sogar kunstvolle, Beleuchtung des Parks. Man hatte in der That Nichts gespart. An allen Eingangsthoren, das gegen den königlichen Palast und gegen das Ständehaus ausgenommen, waren Triumphpforten, theils in gothischen, theils in türkischem, theils in maurischem, und theils in chinesischem Geschmacke errichtet, und diese mit farbigen Gläsern auf das Blendendste erleuchtet worden. Dieß brachte, vorzüglich von dem Platze aus, wo der Kiosk steht, eine überraschende Wirkung hervor, indem man zu gleicher Zeit, in größerer und kleinerer Entfernung, vier dieser Feuerthore roth, blau und weiß erglühen sah, und dazwischen in dem nun freigegebenen Park die dunkeln Menschenmassen hin und her wogten.
verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang. Herbig, Leipzig 1841, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)