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E. Klinge, Dresden,
Leder- u. Riemenfabriken.

Das Geschäftsjahr, in dem das vorliegende Werk seinen Abschluß findet, hat mehr wie seine Vorgänger den allgemeinen ungünstigen Erwerbsverhältnissen seinen Tribut zollen müssen. Große Firmen, die Hunderte von Arbeitern beschäftigen, reduzierten in gleicher Weise wie die mittlere und Kleinindustrie ihren Betrieb um ein Drittel und die Hälfte, und nur wenige Branchen sind von der allgemeinen Krisis verschont geblieben. Um so seltener ist die Erscheinung, daß ein Etablissement in dieser flauen Zeit mit voller Kraft arbeitet und Mühe hat, die eingehenden Aufträge zu bewältigen. In dieser glücklichen Lage befindet sich die Riemenfabrik von E. Klinge in Dresden, in deren umfangreichen elektrisch beleuchteten Gebäuden man bis zum Schluß der Geschäftszeit Menschen und Maschinen in voller Thätigkeit und Arbeit sehen kann.

Die Firma E. Klinge, die sich dieser günstigen Situation erfreut und die heute als eine der ersten Riemenfabriken, zugleich aber auch als die bedeutendste Fettgarlederfabrik Deutschlands gilt, ist aus sehr bescheidenen Verhältnissen zu ihrer jetzigen Bedeutung emporgewachsen. In ihren heutigen, aus vier Gebäudekomplexen bestehenden Fabrikationsräumen domizilierte sie ursprünglich nur als Mieterin, und zwar bloß in dem einen, Jagdweg 14 gelegenen Hause. Sie wurde von Eugen Klinge gegründet, und trat der Bruder des Besitzers und seitheriger stiller Teilhaber, Alfred Klinge, als Mitinhaber in die Firma ein, die danach „Gebrüder Klinge, Dresden“ firmierte; doch separierten sich dieselben nach Jahresfrist infolge freundschaftlichen Uebereinkommens und Herr E. Klinge führte das Geschäft in den bisherigen Räumen unter seinem Namen fort, während Herr Alfred Klinge unter der Doppelfirma „Gebrüder Klinge, Dresden-Löbtau“ seine eigene Fabrik gründete.

Die Firma E. Klinge entwickelte sich von da ab mit so rapider Schnelligkeit und nahm einen derartigen Aufschwung, daß nach kurzer Zeit das Grundstück Jagdweg 14 käuflich übernommen und durch Anbaue vergrößert wurde; auch diese Räume sollten indes sehr bald dem immer wachsenden Betrieb zu eng werden, und nach Jahr und Tag mußten nacheinander die beiden Nebenhäuser Nr. 15 und 16 hinzugekauft werden.

Mit der räumlichen Ausdehnung hält naturgemäß auch die Vergrößerung der Betriebsmittel gleichen Schritt. Durch Aufstellung einer 10-pferdigen Dampfmaschine und Anschaffung verschiedener neuester Hilfs-Maschinen wurde das ganze Etablissement nach englischem System umgestaltet, und so repräsentierte sich die Firma E. Klinge sehr bald als eine der ersten deutschen Riemenfabriken, die mit einem großen und praktischen maschinellen Apparat arbeitete, wie ihn nur noch die bedeutendsten englischen Etablissements dieser Branche aufweisen.

Kaum nach Verlauf eines Jahres sah sich die Firma durch ihren bedeutenden Bedarf in Fettgarleder in die Notwendigkeit versetzt, die Herstellung derselben selbst in die Hand zu nehmen. Sie stellte zu diesem Zwecke zwei Lederwalken auf und da die Dampfmaschine nicht mehr zulangte, so mußte noch ein Zwillingsmotor in Betrieb gesetzt werden. Diese Erweiterung der bisherigen Produktion machte denn auch den schon erwähnten Ankauf des benachbarten Hausgrundstüks Nr. 15, und nach einigen Jahren auch den von Nr. 16 notwendig.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/212&oldid=- (Version vom 23.2.2020)