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Bierbrauerei Glauchau,
Nagel & Weber in Glauchau.

Die Geschichte der Bierbrauerei Glauchau bietet gewissermaßen ein seltenes Beispiel, welchen Einfluß die Leitung eines solchen Etablissements auf die Entwickelung und die Existenzfähigkeit, auf geschäftlichen Niedergang und überraschendes Emporblühen auszuüben vermag. In unserer heutigen Zeit sind Entfernungen kein Hemmnis mehr für die Thätigkeit der Konkurrenz im Brauerei-Gewerbe. Die gute alte Zeit freilich sorgte dafür, daß die heimischen Brauereien aller Orten durch Privilegien vor einem Wettbewerb fremder Brauereien geschützt wurden, und so kam es, daß häufig die Braugerechtigkeit in den Städten und größeren Dörfern von den Kommunen selbst ausgeführt wurde. Diesem Umstande verdankt auch die Bierbrauerei Glauchau ihre Entstehung. Sie wurde als Stadtbrauerei gegründet und versorgte die Bewohner Glauchau’s mit einem ortsüblichen obergärigen Biere. Die lebhafte Entwickelung der Stadt und ihrer Industrie schuf, nachdem die alten Schranken der Braugerechtigkeit gefallen waren, freilich bald der Stadtbrauerei in anderen Privatbrauereien Konkurrenz. Jedoch der bewährte Ruf der alten Stadtbrauerei und der konservative Sinn der Bevölkerung waren Faktoren, die der Stadtbrauerei das Uebergewicht über die neuentstandenen Brauereien zu erhalten geeignet waren. So brach die Zeit an, welche auch dem Brauereibetriebe durch die Einführung der Dampfkraft als Betriebsmittel ein ganz anderes Gepräge aufdrückte. Freilich mußte mit den zum Teil in die Person des Brauereileiters in Fleisch und Bein übergegangenen veralteten Methoden gebrochen werden.

Es galt ferner, sich die im Brauereibetriebe gemachten Fortschritte, namentlich bezüglich der neueingeführten Hilfsmaschinen resp. Apparate, zu nutze zu machen. Hierzu gehörte vor allen Dingen eine energische, zielbewußte Leitung. Diese aber war in der Regel bei den älteren Brauereileitern nicht anzutreffen.

Die Bierbrauerei Glauchau hat den Prozeß ihrer Verjüngung durch Umwandlung in eine Aktien-Gesellschaft zu vollziehen gesucht; jedoch aus nicht bekannten Gründen ist der Erfolg kein entsprechender gewesen.

Erst nach Uebernahme der Brauerei durch die jetzigen Besitzer hat das Etablissement einen glänzenden, raschen Aufschwung genommen.

Im Jahre 1884 erwarben die Herren H. J. Nagel und Reinhard Weber die damalige Aktien-Brauerei Glauchau käuflich. Bei der Uebernahme fanden die neuen Besitzer eine ziemlich bedeutende Konkurrenz fremder Biere vor, namentlich auch aus der Umgegend. Die jährliche Produktion der Brauerei betrug damals ca. 7000 hl. Die neuen Besitzer erkannten sofort, daß eine erhebliche Vermehrung des Umsatzes nur durch Lieferung einer vorzüglichen Qualität ihres Produktes möglich sein würde. – Durch Verwendung der besten Rohprodukte – böhmisch-mährischer Gerste resp. Malz sowie der vorzüglichsten Auslesen bayrischen Hopfens – gelang es den neuen Besitzern bald, ein den Wünschen der Glauchauer Bevölkerung entsprechendes Bier zu erzeugen, wodurch die Nachfrage nach den fremden konkurrierenden Bieren bedeutend vermindert wurde.

Der Lohn der rastlosen Bemühungen der Herren Nagel & Weber war ein stetig sich vermehrender Absatz, welcher zugleich Veranlassung zu bedeutenden baulichen Veränderungen gab, und wurden insbesondere

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/285&oldid=- (Version vom 23.2.2020)