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Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz,
vorm. Rich. Hartmann.

Zu dem umfangreichen Werke, welches seit dem Jahre 1870 unter der Firma Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz als Aktiengesellschaft besteht, wurde im Anfang des Jahres 1837 von Herrn Richard Hartmann mit einer Werkstatt der Grund gelegt, in welcher 3 Arbeiter Beschäftigung hatten. Während der ersten Jahre wurden vorzugsweise Reparaturen an Baumwollspinnmaschinen, später diese selbst, hergestellt und fanden mit dieser Beschäftigung nach und nach 30 Arbeiter ihr Brot. Schon 1840 erhielt das kleine Werk einen bedeutenden Aufschwung durch die Erfindung und Ausführung des Florteilers (continue) für Streich- und Tuchgarne, welche so schnellen Eingang in allen Spinnereien fand, daß Rich. Hartmann den an ihn gestellten Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte. Seit der Bau dieses Florteilers immer mehr in den Vordergrund trat, ward auch der Herstellung von Streichgarn-Spinnmaschinen ein Hauptaugenmerk zugewendet und ist das Etablissement bis auf den heutigen Tag für Streich-, Vigogne-, Abfall- und Kunstwoll-Spinnerei, sowie Tuchfabrikation das mit allen Neuerungen und Verbesserungen vorangehende geblieben, während der Bau von Baumwoll-Feinspinnereimaschinen nach und nach ganz abgestoßen worden ist. Von der ursprünglichen Continue-Vorrichtung bis zu dem die Vollendung eines vorzüglichen Mechanismus darstellenden Selfaktor mit dreifacher Spindelgeschwindigkeit sind der Name Richard Hartmann und der der Sächsischen Maschinenfabrik zu Chemnitz mit den zahlreichen Fortschritten verknüpft, vermittelst deren die gedachten Branchen den heutigen hohen Standpunkt ihrer Vervollkommnung erreicht haben. 1841 wurde die erste Dampfmaschine abgeliefert, der bald andere folgten, und bereits 1844 fanden 30 Arbeiter mit Herstellung dieser Maschinen in der damaligen Leipziger, jetzigen Hartmannstraße, Arbeit, also auf dem Grundstück, wo sich jetzt das Werk befindet. Am 7. Februar 1848 kam die erste Lokomotive „Glück auf“ an die Sächsischen Staatseisenbahnen zur Ablieferung, Ende der 1840er Jahre nahm der Webstuhlbau seinen Anfang, 1854 wurde die eigene Gießerei in Betrieb genommen, 1855 begann der Bau von Turbinen, Tangentialrädern und Mühleneinrichtungen, bald darauf die Herstellung größerer Bergwerksmaschinen, Kunstgezeuge und Bohrapparate etc. etc. und 1857 wurde der Werkzeugmaschinenbau als besondere Betriebsabteilung eingerichtet. Eine solche stetige Erweiterung der Fabrikationszweige erforderte einen Neubau nach dem andern, sowie die Anschaffung zahlreicher Hilfsmaschinen, deren Zahl 1857 bereits auf 540 gestiegen war, während die Arbeiterzahl ca. 1500 betrug.

Obgleich ein großer Brand im Juli 1860 den größten Teil der Fabrik in Trümmer legte, so gelang es der rastlosen Energie Rich. Hartmann’s doch, die Fabrik in kurzer Zeit wieder aufzubauen und sie im Jahre 1864 weiter durch ein großes Werkstattgebäude für Werkzeugmaschinenbau, 1865 durch Erweiterung der Gießerei, 1868 durch Einrichtung einer besonderen Abteilung für Modelltischlerei u. s. w., sowie durch den Bau einer geräumigen Montirwerkstatt für Lokomotiven zu vergrößern, sodaß das Werk in genanntem Jahre ca. 170 Beamte und 2700 Arbeiter zählte.

Im Jahre 1870 ging das Etablissement in die Hände der Aktiengesellschaft „Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz“ mit 7 500 000 M. Kapital über und wurde weiter bedeutend vergrößert durch eine Kesselschmiede 1872/73, eine Werkstatt für den Dampfmaschinenbau 1873/74, eine solche für den Webstuhlbau 1882, eine Kupferschmiede und Metallgießerei 1888, eine besondere Werkstatt für den Bau schwerer Webstühle 1888/89, Erweiterung der Schmiede, des Dampfmaschinenbaues und eine neue Werkstatt für den Bau von Eis- und Kühlmaschinen 1889, welcher letztere Betriebszweig 1886 eingeführt worden ist. Die Gießerei genügte schon lange nicht mehr und wurden deshalb ein Grundstück käuflich erworben und ein anderes erpachtet, um zwei Filial-Gießereien darauf zu errichten, aber trotz alledem mußte auch 1887 zur Erweiterung der Hauptgießerei

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/353&oldid=- (Version vom 23.2.2020)