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F. A. Schmidt & Sohn in Adorf,
Königl. Sächs. Hoflieferanten.
Perlmutterwarenfabrik.

Im Jahre 1854 wurde in Adorf durch Herrn F. A. Schmidt die Perlmutterwarenindustrie begründet. Der Gründer – Vater des jetzigen Besitzers – war gelernter Buchbinder und der Erste, welcher auf die Idee kam, die Elstermuscheln, wie sie dort gefunden wurden, zu verarbeiten.

Die ersten ganz einfach gearbeiteten Artikel wurden in Bad-Elster mit bestem Erfolg abgesetzt, und, hierdurch ermutigt, ließ man noch mehr Leute anlernen.

Wir haben es hier mit einer „Hausindustrie“ zu thun, denn in der Fabrik werden jetzt durchschnittlich nur 30 Arbeiter, auswärts dagegen 200 und mehr Arbeiter beschäftigt.

Die Firma ließ auf der Dresdner Ausstellung 1875 ihre Fabrikate konkurrieren und wurden dieselben auch prämiert. Sonstige Ausstellungen wurden nicht beschickt.

Im Jahre 1884 verlieh Se. Majestät König Albert den Besitzern ohne deren besonderes Nachsuchen, und zwar stempel- und steuerfrei, das Prädikat: „Königl. Sächs. Hoflieferanten“ in Anerkennung ihrer Verdienste um diese eigenartige Industrie. In Bad-Elster aber beehrten Ihre Majestäten König Albert und Königin Carola mehrmals die dortige Niederlage der Firma mit ihrem hohen Besuche, wobei auch wertvolle Einkäufe stattfanden.

Ueber die Industrie selbst geben wir nachstehend eine kurze Schilderung.

Es ist ziemlich allgemein bekannt, wie groß namentlich in südlichen Ländern die Perlenindustrie ist und auch bei uns wird starker Handel damit getrieben. Bei der Perlmutterindustrie haben wir es indeß nicht mit den Perlen selbst, sondern lediglich mit den Muschelschalen zu thun. Manche Muschel, die sonst achtlos weggeworfen wurde, weil sich keine Perle darin fand, wird jetzt bei Seite gelegt, um zur Perlmutterwarenfabrikation verwendet zu werden.

Zuerst haben die Chinesen mit großer Kunstfertigkeit diese Schalen bearbeitet und später ist dann diese Kunst nach Europa übertragen worden. Hier sind es vorzüglich die Italiener gewesen, die sich durch reizende Gegenstände auf dem Markte auszeichneten. Der Glanz der Perlmutter wird durch die verschiedenartigen Schichten erzeugt, aus welchen die Schale zusammengesetzt ist. Wird die erste rauhe Schale entfernt, so zeigen sich die schillernden Flächen und nun ist es Sache des Arbeiters, die brauchbarsten Muscheln zu finden und sie in solche mit Perlmutterglanz und feiner Politur umzuwandeln, um solche alsdann bei der Erzeugung von allerhand zierlichen und praktischen Gegenständen zu verarbeiten. Gegenwärtig werden in der Schmidt’schen Perlmutterwarenfabrik ungefähr zehn verschiedene Muschelarten verarbeitet.

Diese Industrie ist nicht wie so viele andere ein Opfer der Maschinenerfindung geworden, sondern wird stets „Hausindustrie“ bleiben und werden die Waren dieser kunstreichen Industrie in Deutschland selbst viel gekauft, hauptsächlich ist es aber der Export nach Nordamerika, England und Italien, wodurch ein sehr bedeutender Absatz erzielt wird. –

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/371&oldid=- (Version vom 23.2.2020)