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Gebrüder Schüller in Venusberg,
Baumwollspinnereien.

Wenn wir das malerische Zschopauthal durchwandernd bei der Station Wilischthal in das gleichnamige Seitenthal einbiegen, erblicken wir zu beiden Seiten desselben die romantisch gelegenen Spinnereien der Firma Gebr. Schüller, deren Entstehen, Wachsen und Gedeihen wir in diesem Abschnitt betrachten wollen.

Wie die meisten gegenwärtig zu so hoher Blüte gelangten industriellen Etablissements unseres sächsischen Erzgebirges sind auch die Spinnereien der Herren Gebrüder Schüller aus kleinen und bescheidenen Anfängen hervorgegangen und verdanken ihr Emporkommen hauptsächlich der rastlosen und umsichtigen Thätigkeit ihrer Leiter.

Der Gründer des Geschäftes war der Vater der jetzigen Inhaber der Firma, Herr Johann David Schüller. Dieser hatte schon im Jahre 1819 die sogenannte niedere Mühle in Gelenau erworben, die für Mahl-, Oel- und Schneidemühlenbetrieb eingerichtet war. Diese Betriebe erwiesen sich indessen nicht als lohnend, und so suchte Herr Johann David Schüller einen besser rentierenden Industriezweig einzuführen. Seine Wahl fiel auf die Baumwollspinnerei. Aber nur in bescheidener und höchst vorsichtiger Weise wurde im Jahre 1838 mit der neuen Thätigkeit begonnen; die gleichsam als exotisches Gewächs in unsere heimatliche Erde verpflanzte Industrie mußte erst Wurzel fassen, bevor sie kräftig erstarken konnte. So wurden denn anfänglich nur 14 Handmaschinen mit ungefähr 216 Spindeln aufgestellt, auf denen für fremde Rechnung und gegen Lohn, wöchentlich circa 1100 Pfund englische Baumwolle versponnen wurde.

Der neue Industriezweig erwies sich als segenbringend und die junge Spinnerei blühte empor!

Im Jahre 1855 erbauten die Herren Friedrich Wilhelm und Friedrich Louis Schüller die erste eigentliche Spinnerei in Venusberg und betrieben fortan das Geschäft unter der Firma „Gebrüder Schüller“. Im Jahre 1859 wurde alsdann in Weißbach bei Zschopau ein Grundstück mit Wasserkraft erworben und daselbst die noch heute bestehende Spinnerei erbaut. Damals trat auch der diese Spinnerei noch gegenwärtig persönlich leitende Bruder der beiden obengenannten Inhaber, Herr Carl Fürchtegott Schüller, als Teilhaber in die Firma ein.

In den nun folgenden Jahren hatte das eben erstarkende Geschäft eine Periode ernstlicher Kämpfe durchzumachen. Der von 1861 bis 1865 wütende amerikanische Bürgerkrieg schädigt die gesamte Baumwollenindustrie gewaltig und nicht nur jenseits des Ozeans, sondern auch in unserem Vaterlande machten sich die verderblichen Einflüsse jener Ereignisse geltend. Dennoch aber gelang es damals den Spinnereien der Herren Gebrüder Schüller die schwere Krisis glücklich zu überwinden. In den Stürmen des Schicksals erstarkt

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/373&oldid=- (Version vom 23.2.2020)