Seite:Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild Teil 1.pdf/425

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nach Einführung des Schutzolles in Deutschland nahm die Appretur englischer Tüll-Gardinen einen bedeutend größeren Umfang als bisher an. Um allen Anforderungen für diesen Artikel gerecht werden zu können, entschloß sich Herr Robert Zöbisch im Jahre 1884 noch eine vollständig neue rotierende chemische Bleicherei und Appretur-Anstalt nach englischem System, verbunden mit einer Färberei baumwollener Waren, seinem bisherigen Fabrikbetriebe hinzuzufügen, so daß die Firma jetzt über 3 völlig für sich selbstständige Bleichereien und Appretur-Anstalten verfügt.

Gegenwärtig ist die Fabrik eine der größten ihrer Branche in ganz Sachsen; sie beschäftigt 70 männliche und 220 weibliche Arbeiter. Die Dämpfe liefern 7 Dampfkessel mit 380 □mtr. Heizfläche und 90 Pferdekräfte werden von 3 Dampfmaschinen erzeugt.

In der Fabrik werden baumwollene Waren gebleicht, gefärbt und appretiert. Hierzu kommen an Rohmaterialien zur Verwendung: Soda, Chlorkalk, Schwefelsäure, Seife, Kartoffelmehl, Dextrin, Talcum, Stärke, Gelatine, Anilin und Ultramarin etc. Der jährliche Umsatz beläuft sich auf ca. Mark 600 000. – In der That ein gewaltiger Umsatz, wenn man zugleich in Betracht zieht, daß die ausländische Concurrenz, namentlich die englische und französische, eine Ausdehnung des Absatzgebietes über die Grenzen Deutschlands hinaus nicht rätlich erscheinen läßt!

Die Firma kann sich des besonderen Glückes erfreuen, daß sie bisher – abgesehen von der Feuersbrunst im Jahre 1855 – mit keinerlei Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte; namentlich ist auch die große Krisis im Anfange der siebenziger Jahre ohne Einwirkung auf das Gedeihen der Firma geblieben. Gewiß ein beredtes Zeugnis von der geschäftlichen Kenntnis, Umsicht und Tüchtigkeit ihres Gründers und Chefs!

Wie Herr Robert Zöbisch es verstanden hat, sein Etablissement von den kleinsten Anfängen zu stattlicher Höhe emporzubringen, so hat er doch auch nicht vergessen, für seine Arbeiter zu sorgen. Eine Fabrikkrankenkasse mit einem Stammvermögen von Mark 2000 ist für das Personal errichtet.

Zahlreiche Gewerkvereine, Corporationen etc. haben die Fabrik der Firma Robert Zöbisch in Plauen i./V. besucht, um von der musterhaften Einrichtung Kenntnis zu nehmen. Schließlich möge noch erwähnt sein, daß Herrn Robert Zöbisch in der Leitung der Fabrik und in der Ueberwachung des Arbeitspersonals seine Frau und vier Söhne zur Seite stehen. –

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/425&oldid=- (Version vom 23.2.2020)