Das Verzieren der Wäsche und Konfektionsartikel – ursprünglich eine Beschäftigung fleißiger Frauenhand – ist auch jetzt noch, wo es fabrikmäßig betrieben wird, mehr dem Kunstgewerbe zuzurechnen. Selbst die Anwendung technischer Hilfsmittel und Maschinen vermochte der heutigen Zierstickerei ihre künstlerische Eigenart nicht zu rauben. Sie ist übrigens ein verhältnismäßig noch junger Industriezweig, der in der Schweiz entstand und als Maschinenstickerei erst in der letzten Hälfte dieses Jahrhunderts in unserem engeren Vaterlande Eingang fand. Ende der 50er Jahre war es, als die ersten Stickereimaschinen bei uns eingeführt wurden. Eine der ersten Firmen – die die Maschinenstickerei nach Sachsen verpflanzte, war F. D. Goesmann in Plauen, deren Begründer, der nunmehr verstorbene Herr F. D. Goesmann, im Jahre 1860 sein Geschäft eröffnete, das nunmehr, im Besitze seines Sohnes, des Herrn Rudolf Goesmann befindlich, zu den ältesten und bedeutendsten Vertretern dieser Branche in Sachsen gehört.
Die heutige überaus renommierte und angesehene Firma ging aus kleinen Anfängen hervor und entwickelte sich erst nach und nach zu ihrer heutigen respektablen Ausdehnung. Umfangreiche Neuanschaffung und Umänderungen waren im Laufe der Zeit nötig, bis der jetzige Höhepunkt erreicht wurde, und mannigfache Verbesserungen sowie die Einstellung neuer leistungsfähiger Maschinen waren erforderlich, um die Erzeugnisse jederzeit konkurrenzfähig auf dem Markte zu erhalten. Indessen die Bestrebungen des Begründers wie seines Nachfolgers waren von Erfolg gekrönt. Heute beschäftigt der Fabrikationsbetrieb, der in der Hauptsache nach Adorf verlegt ist, nicht weniger wie 59 eigene Handmaschinen, an denen über hundert Arbeiter und Arbeiterinnen thätig sind. Ein guter Teil des Bedarfes wird außerdem durch Lohnstickerei außer dem Hause beschafft. Hierzu gesellen sich noch ca. 40 Arbeiterinnen in Plauen, sowie eine große Anzahl von Personen außer dem Hause. Der Betrieb ist derart geteilt, daß in Adorf lediglich die mit eigener Gasanstalt versehene Stickereifabrik sich befindet, während in Plauen die Ware appretiert und versandfertig gemacht wird. Auch das Kontor und die Geschäftsleitung mit dem oben nicht mit inbegriffenen kaufmännischen Personal sind in Plauen domiziliert.
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/144&oldid=- (Version vom 23.2.2020)