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Schuhmacherei und Groitzsch, in dem einst der mächtige Graf Wiprecht von Groitzsch hauste, hat sich einen Namen durch die Anfertigung von Babuschen, sogenannten Groitzscher Pantoffeln, gemacht. An dem Ufer der Pleiße begegnen wir dem alten Vasallenstädtchen Regis, in dem der Ackerbau die Industrie (Eisenwarenfabrikation) überragt, und der Stadt Rötha, in welcher hauptsächlich der Obstbau und die Fabrikation von Fruchtweinen bemerkenswert ist, die durch den dortigen Rittergutsbesitzer Freiherrn von Friesen ins Leben gerufen wurde. Sonst herrscht der Ziegeleibetrieb, Gerberei und Kürschnerei vor. Zwischen der Pleiße und westlichen Mulde liegen die Städtchen Kohren mit seinem alten Schlosse, auf welchem Kunz von Kauffungen vor dem Prinzenraub nächtigte (Töpferei), Frohburg (Wollweberei, Töpferei, Spinnerei und Landhandel), Geithain (Zeugweberei), Lausigk mit seinem vielbesuchten, romantischen Hermannsbad (Woll-, Barchent- und Manchester-Weberei) und Borna, an der Wyhra, eine der ältesten Städte Sachsens, die von König Heinrich I. 924 zur Stadt erhoben. In Borna ist eine ansehnliche Filzwaren- und Schuh-Manufaktur, der Betrieb von Dampfschneidemühlen, Eisengießereien, Ziegeleien, Kalk-Brennereien, Gerbereien, Töpfereien und Feldgärtnereien (Versand von Zwiebeln jährlich über 100 000 Centner) bemerkenswert. Im südlichen Teile des Leipziger Kreises ist Penig mit seiner weithin sichtbaren Kirche, einem Meisterstücke gotischer Baukunst (Wollwebereien, Zeugdruckereien, Papierfabrik, Eisengießerei, Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und Töpfereien), Lunzenau (Weberei und Schuhmacherei), Burgstädt (Druckerei, Spinnerei, Weberei, Schuhmacherei und Strumpfwirkerei) hervorzuheben. Burgstädt ist die Wiege der Kattundruckerei Sachsens. Ein gewisser Schlüssel aus Hamburg gründete hier 1750 die erste Kattundruckerei in Sachsen. An der Mulde aufwärts liegt die Stadt Rochlitz mit dem romantischen Rochlitzer Berge (Porphyrbrüche) und seiner 1016 begründeten, sehenswerten Kunigundenkirche. Rochlitz hat Kammgarnwebereien, Handelsmühlen, Fabrikation von Leder und Lederwaren, Wagen und Cigarren. Zwei Stunden weiter entfernt von der Mulde tritt uns mit Colditz, ebenfalls eine der ältesten Städte Sachsens, entgegen, deren Schloß (jetzt Landes-Irrenanstalt) vom Grafen Wiprecht von Groitzsch um das Jahr 1080 erbaut worden sein soll. Hier bilden Baumwollspinnerei, Fabrikation von Strickgarn, Dochten, Pappen, Cigarren, Steingutwaren usw. den Nahrungszweig der Einwohner. Auch die Mühlwerke und Braunkohlengruben sind bemerkenswert. Ungefähr eine Stunde unterhalb Colditz vereinigen sich die Zwickauer und Freiberger-Mulde. Ehe wir aber zu den an der vereinigten Mulde gelegenen Städten wandern, kehren wir wieder zurück und suchen noch die Städte auf, welche zwischen der östlichen und westlichen Mulde liegen: Hainichen, Waldheim, Geringswalde und Hartha. In Hainichen, wo Christian Fürchtegott Gellert geboren wurde, werden viele Baumwoll-Waren, sehr viel Flanell, Moltong, Tuch usw. gefertigt. In Waldheim, dessen Schloß als Zuchthaus eingerichtet wurde, floriert Bleicherei, Tuch-, Kattun-, Barchent- und Leinweberei, in Geringswalde die Fabrikation von Strümpfen, Feuerlöschgeräten, Cigarren, Pelzwaren, Möbeldamast, Shirting, Bettzeugen, auch sind seine Ziegeleien, Gerbereien, Porzellanmalereien und Stuhlbauereien von Bedeutsamkeit. Dasselbe gilt von Hartha. An der östlichen Mulde liegen die Städte Roßwein (Tuchmacherei) und Döbeln. Döbeln liegt in fruchtbarer Gegend, in einem reizenden Thalkessel und ist Mittelpunkt eines wichtigen Getreidehandels.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/19&oldid=- (Version vom 23.2.2020)