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Die Hauptzweige seiner Industrie sind Wollspinnerei, Fabrikation von Tuch und Leder, namentlich lackiertes und Kittleder, von lackierten Blechwaren, landwirtschaftlichen Maschinen, Brückenwagen, Cigarren und Silberwaren. Auch die Umgegend fabriziert Tuche, Papier, Pappe und Drahtstifte. In einem anmutigen Thal gelangt man von Döbeln nach Leisnig, prächtig am linken Ufer der Freiberger Mulde gelegen. Die Leisniger Tuchwarenfabriken sind blühend, wozu die an der Mulde gelegenen Appreturwerke viel beitragen. Auch die Wollspinnerei, Eisengießerei, Stuhlfabrikation, Gerberei und Schuhmacherei sind bedeutend. Gehen wir nun an der vereinigten Mulde herunter, so treffen wir die alte, berühmte vaterländische Stadt Grimma mit ihrem alten Schlosse und der prächtig an der Mulde aufragenden, neuen Fürstenschule. Früher war Grimma ein Hauptplatz der Tuch-Fabrikation. Schenkte doch Friedrich der Weise dem Dr. Luther einst ein Ehrenkleid aus Grimmaischem Tuche, von welchem die Elle 8 Groschen kostete, und das so fein war, daß es Luther nicht tragen mochte. Die Stadt gehört zu den gewerbthätigsten unter den kleinen Städten Sachsens. Die Tuchfabrikation und der einst schwunghafte Holzhandel sind freilich verschwunden. Dagegen findet man Kunstmühlen (Golzern) Eisengießereien, Bleichereien, Druckereien für leinene und wollene Stoffe, Papierdüten-Fabrikation usw. Die nahe gelegenen Städtchen Nerchau und Trebsen treiben Leinen-Weberei und Ackerbau. Zwei Stunden unterhalb Trebsen liegt die alte Bischofsstadt Wurzen am rechten Ufer der Mulde. Wurzen ist ein industriereicher Ort und 1542 der Schauplatz des berühmten, unblutigen Fladenkrieges gewesen. Von seinen größeren, gewerblichen Etablissements sind zu nennen: eine Papierfabrik, Tapetenfabrik, Teppich-Fabrik, Möbelfabrik, Pianofortefilzfabrik, Eisengießereien, Cigarren-, Kartonnagen-, Maschinenfabriken und eine große Kunstmühle mit Biskuitfabrik (Krietzsch’sche Werke). Im dreißigjährigen Kriege, in der sogenannten „Wurzener Marterwoche“ von Torstensohn ausgeplündert (1643), hat sich die Stadt doch nach und nach wieder zu einer der namhaftesten Städte unseres Sachsenlandes erhoben. Von Wurzen aus gehen wir der Eisenbahn nach und haben dann rechts die Städte Mutzschen (Anfertigung von Achatkugeln, sogenannten Mutzschener Diamanten), Mügeln (Ackerbau vorwiegend) und Oschatz, links Dahlen und Strehla, letzteres an der Elbe. Oschatz hat seit dem großen Brande von 1842 durch viele Neubauten ein freundliches Ansehen gewonnen. Hauptgegenstände seiner Industrie sind: Filz-, Tuch-, Koffer-, Leder-, Brücken-, und Tafelwagenfabrikation, Wollspinnerei und Fabrikation gehäkelter, wollener Artikel (Phantasiesachen). Dahlen, in dessen Schloß Friedrich der Große die Verhandlungen über den Hubertusburger Frieden führte, hat eine Eisengießerei, Wagenfabrik und Cigarrenfabrik. Es präponderiert jedoch hier der Ackerbau, der neben der Elbschifffahrt auch in Strehla vorwiegt.

Ist aber die Industrie schon in der Kreishauptmannschaft Leipzig bedeutend, so wächst sie zu einer Weltbedeutung in der Kreishauptmannschaft Zwickau heran, deren Bezirk unter allen vier Kreisen des Landes der größte, bevölkertste und gewerbthätigste ist. Wir können in ihm einen vogtländischen und einen erzgebirgischen Teil unterscheiden. Beginnen wir mit dem Vogtland, als dessen älteste Bewohner die Varisker genannt werden, und dessen Hauptfluß die Elster bildet. Die erste Stadt an der Elster ist Adorf (Instrumentenmacherei und Weberei). Von Adorf gelangt man an Würschnitz vorüber, wo die ersten Kartoffeln in Sachsen erbaut wurden, nach

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Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/20&oldid=- (Version vom 23.2.2020)