Marienberg. Die freundliche, sehr regelmäßig gebaute Stadt, die 1520 von Heinrich dem Frommen gegründet wurde, zeichnet sich durch Fabrikation von Blech- und Holz-Spielwaren aus. Von Marienberg führt die Reise über Wolkenstein (Posamentier-Arbeit und Weberei) nach Annaberg am Pöhlberge, der „Perle des Erzgebirges“. Auf dem Annaberger Friedhofe steht das Grabmal von Barbara Uttmann, der Wohlthäterin des Erzgebirges, die das Spitzenklöppeln erfand. Annaberg ist eine der bedeutendsten Manufakturstädte Sachsens und Mittelpunkt der sächsischen Posamentier-Warenfabrikation, die auch im nahen Buchholz vorherrscht. Von Buchholz führt eine sauber gepflegte Chaussee nach Schlettau, Scheibenberg und Schwarzenberg (Eisenwerke, Holzschleifereien und Brettmühlen). Von Schwarzenberg gelangt man an herrlichen Aussichtspunkten vorüber, über Aue (Maschinenbauanstalten, Maschinen-Weberei, Spitzenklöppelei, Gürtelwaren- und Holzpfeifen-Fabrikation usw.) nach Schneeberg und Neustädtel (Bergbau, Spitzenklöppelei und Maschinenstickerei) und von hier über Kirchberg (Tuchmacherei) nach der Kreishauptstadt Zwickau. Zwickau, im freundlichen Thale der Mulde, verdankt sein Aufblühen und seinen Wohlstand der Steinkohle. Zahlreiche Steinkohlengruben stehen im Zwickauer Bezirke in Betrieb und man zählt deren gegen 500. Der Kohlenertrag beläuft sich auf ungefähr 50 Millionen Centner im Jahre. Das billige Brennmaterial hat in Zwickau die verschiedensten Fabrikationszweige hervorgerufen. Wir finden Maschinenbauanstalten, Fabriken für chemische Produkte, Porzellan, Papier, Glas, Farbwaren, Draht- und Hanfseile, Blechlöffel, Kokoswaren, Handschuhe, Strumpfwaren usw., eine englische Gardinenweberei, Dampfmühlenwerke, Ziegeleien und Brauereien. An der Zwickauer Mulde finden wir auch die fürstlich und gräflich Schönburgischen Receßherrschaften, als deren Hauptstadt Glauchau in Frage kommt. Glauchau ist für die Fabrikation von wollenen und halbwollenen Stoffen einer der wichtigsten Plätze von ganz Deutschland. Obschon in der Stadt selbst gegen 3000 Handwebstühle und 1000 mechanische Stühle gehen, reichen diese doch zur Erledigung der eingehenden Aufträge nicht hin. Daneben bestehen großartige Färbereien, Appreturanstalten, Druckereien, eine große Webgeschirrfabrik, Zwirnerei und Spinnereien. In der Herrschaft Glauchau liegen auch die Städte Hohenstein, Ernstthal, und links von der Mulde Meerane. In den ersteren werden besonders Piqués, Strümpfe, buntbaumwollene Waren und Westen-Zeuge, in Meerane wollene, halbwollene und baumwollene Kleiderstoffe gefertigt. In den Receßherrschaften sind außerdem noch Lichtenstein und Callenberg (Webereien und Strumpfwirkereien) und das freundliche Waldenburg (bedeutende Strumpf-Wirkerei, Weberei und Posamentenfabrikation, sowie Fabrikation der sogenannten Waldenburger Gefäße) bemerkenswert. Links von der westlichen Mulde, und zwar an der Pleiße, liegen dann die beiden Städte Werdau und Crimmitschau. Werdau ist eine ansehnliche und wohlgebaute Stadt. Das Hauptgewerbe ist Tuchfabrikation, während in Crimmitschau Zeugdruckerei, Färberei, Spinnerei und Fertigung wollener und halbwollener Waren im Vordergrunde stehen. Rechts von der westlichen Mulde liegen schließlich die Städte Grünhain (Spitzen-, Strumpfwaren- und Blechlöffelfabrikation), Elterlein, ursprünglich Quedlinburg geheißen (Spitzenfabrikation, Blechwaren-Fabrikation, Pappefabriken usw.), Geyer, uralte Bergstadt (Stuhl-, Watte-, Posamenten-Fabrikation, auch Spitzenklöppelei, Zwirnerei, sowie Bergbau auf Zinn, Wismuth, Braunstein und Eisenstein), Zwönitz (Schuhmacherei, Lohgerberei, Fabrikation von
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/22&oldid=- (Version vom 23.2.2020)