Seite:Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild Teil 2.pdf/81

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Chemnitzer
Werkzeugmaschinen-Fabrik
vorm. Joh. Zimmermann, Aktiengesellschaft, Chemnitz
Rochlitzerstraße und Emilienstraße.

Chemnitz trägt nicht umsonst den Namen eines „deutschen Manchesters“. Mehr wie eine Firma befindet sich in seinen Mauern, die die Konkurrenz mit dem den Weltmarkt beherrschenden englischen Inselreich aufnahm und die deutsche Industrie von ihm unabhängig machte. Auch die Chemnitzer Werkzeugmaschinen-Fabrik gehört zu diesen Firmen; sie wurde 1844 von dem nachmaligen Geheimen Kommerzienrat Joh. v. Zimmermann begründet, der auf dem Kontinente den Bau von Werkzeugmaschinen zuerst als Spezialität in Angriff nahm, und in Anerkennung seiner Verdienste um die sächsische Industrie mit dem Ritterkreuze des Albrechtsordens I. Klasse, dem Orden der Ehrenlegion und der eisernen Krone ausgezeichnet wurde. Derselbe verwandelte sein Besitztum 1871 in eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapitals von 6 Millionen Mark, deren Leiter der bereits seit 25 Jahren in der Firma thätige Herr Direktor Gebauer ist.

Die Chemnitzer Werkzeugmaschinen-Fabrik ist zur Zeit eine der bedeutendsten Industrie­-Anlagen Sachsens, in ihrer Branche ist dieselbe aber die größte auf dem Festlande. Sie nimmt einen Flächenraum von 115 000 □m ein, auf dem sich die Werkstattgebäude für Werkzeugmaschinenbau, für Holzbearbeitungsmaschinenbau und für die Eisengießerei befinden, welche letztere allein einen Platz von 180x32 m beansprucht. Dieselbe besitzt vier Cupolöfen, drei Laufkrähne von zusammen 55 000 kg Tragkraft und sechzehn Säulenkrähne. Vier Dampfmaschinen mit ca. 300 Pferdestärken treiben, außer den elf in jeder Richtung selbstthätigen Laufkrähnen, über 500 Werkzeug­-Maschinen. Darunter befinden sich Hobelmaschinen für 13 m Hobellänge und 3,8 m Hobelbreite, und Drehbänke für Schraubenspindeln, welche bis 13 m Länge in einem Zuge schneiden; ferner Maschinen, welche Räder bis 4 m im Durchmesser fräsen und solche bis 7 m im Durchmesser hobeln. Die Erzeugnisse des Etablissements sind teilweise von geradezu gigantischen Dimensionen. So werden in ihm unter anderem die größten Hobelmaschinen und Drehbänke gebaut. Eine derselben wog allein ca. 4000 Zentner. In neuerer Zeit wird auch der Bau von Dampfmaschinen nach dem amerikanischen Dampfmaschinensystem „Wheelock“ kultiviert, welches auf allen Ausstellungen als das einfachste und beste Präzisions-Steuerungssystem anerkannt und mit den ersten Preisen ausgezeichnet wurde. Mehr als 200 Stück kamen bereits zur Ablieferung, sämtliche zur größten Zufriedenheit der Abnehmer.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/81&oldid=- (Version vom 2.4.2020)