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stets auf der Höhe der Zeit stehende Appretur der Waren wurden von der Kundschaft allseitig anerkannt und der Gründer der Firma konnte zu seiner Freude konstatieren, daß sich sein Etablissement immer mehr und mehr entwickelte und von Jahr zu Jahr Neubauten oder Neuanschaffungen von Maschinen sich nötig machten.

Die Firma, ohnedies die älteste, ist hierdurch im Laufe der Jahre zu dem bedeutendsten Etablissement dieser Branche in unserem engeren wie weiteren Vaterlande herangewachsen. Ihre Kundschaft erstreckt sich heute außer auf Sachsen, auf das ganze übrige Deutschland, hauptsächlich aber auf das Elsaß, wo es galt die französische Konkurrenz zu verdrängen. Der Transport der von ihr versandten Waren in Reichenbach und für die Städte der näheren Umgebung, wie Mylau, Netzschkau, Greiz, Elsterberg, Gera, Lengenfeld, Kirchberg etc., geschieht durch eigene, mit wasserdichter Plane versehene Wagen.

Seit dem Jahre 1887 wird Herr Bernhard Dietel von seinem Sohne Herrn Alfred Dietel in dem Bestreben „von dem Besten nur das Beste zu bieten“ auf das Nachdrücklichste unterstützt. Durch versuchsweise Aufnahme eines neuen Industriezweiges, dem Färben ganz heller Ball- und Modefarben und die damit erzielten Erfolge, sah sich die Firma veranlaßt, zum Baue einer neuen Färberei und Appretur-Anstalt in Unterhainsdorf bei Reichenbach zu schreiten, woselbst sie vorher – des Wassers wegen – das mit genügender Wasserkraft ausgestattete Schmeißersche Mühlengut mit den dazu gehörigen Grundstücken angekauft hatte. Sie betreibt in dieser neuen Fabrikanlage das Färben in ganz hellen Ball- und Modefarben auf wollene und halbseidene Gewebe als ausschließliche Spezialität. Die Dietelschen Ballfarben, welche nach eigener Methode erzeugt und für Stückware zuerst verwendet wurden, zeichnen sich ganz besonders durch Feuer, Lebhaftigkeit und Reinheit der Töne aus. Die Firma hat sich durch die Einführung dieser Nuançen schnell ein Renommee erworben.

Zur Bewältigung des Betriebes stehen 6 Cornwall-Dampfkessel mit über 500 □m Heizfläche, sowie 5 Dampfmaschinen mit insgesamt 250 Pferdekräften zur Verfügung. Als Beleuchtung der Fabriken dienen ausschließlich elektrische Bogen- und Glühlichtlampen. Der durchschnittliche Wasserverbrauch beläuft sich auf täglich 8–9000 Hektoliter und es gelangen täglich 800 Stück Ware zur Fertigstellung. Die Fabriken beschäftigen insgesamt 250–300 Arbeiter und Arbeiterinnen, davon noch einige von dem Vater, Herrn Franz Louis Dietel, mit übernommene. Der Verdienst derselben steht weit über dem durchschnittlichen Tagesverdienst. Das Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist das denkbar beste, was auch daraus hervorgeht, daß die Frauen, sowie die herangewachsenen Söhne und Töchter eifrig danach trachten, bei der Firma Beschäftigung zu finden. So kommt es, daß ganze Familien in dem Betriebe thätig sind und gewisse Namen unter der Arbeiterschaft sich vielemale wiederholen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/91&oldid=- (Version vom 2.4.2020)