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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

nicht in den größten, wie in den kleinsten Dingen meines Lebens in meinem Gebet, wie in meiner Arbeit innig mit den Interessen der Menschheit verknüpft glaubte, und mich nicht unter den Arbeitern im großen Phalanstère des Menschengeschlechts wüßte, so ist doch meine Natur einer solchen näheren Association im äußeren Leben gänzlich entgegen. Und lieber möchte ich in einem Kathen auf Schwedens kahlstem Grausteinberg ganz allein, bei Wasser und Brod (und Kartoffeln, die ich selbst kochen müßte), wohnen, als in einem Phalanstère im fettsten Erdreich und mitten unter Bürgern und Bürgerinnen, selbst wenn sie so hübsch und artig sind, wie diese da. Aber dieß gehört zu meiner Individualität. Ich kann nicht vollkommen leben, außer in der Einsamkeit. Indeß dürfte für die größere Menge von Menschen das Vereinsleben wohl das glücklichste und beste sein.

Der Verein in derjenigen Form, die er in diesem Phalanstère angenommen hat, ist offenbar auch ein Mittel Gerechtigkeit zu finden für manche Individuen, denen in dem großen gewöhnlichen Staat keine Gerechtigkeit wiederfahren würde. So zum Beispiel war jetzt da ein Mann, der gute Kenntnisse und feinere Bildung besaß, aber in Folge seiner schwachen Augen außer Stand gesetzt war, sich durch eine solche Arbeit zu ernähren, bei welcher das Gesicht sehr angestrengt werden muß. Er war arm und hatte keine nahe Angehörige. In der gewöhnlichen gesellschaftlichen Ordnung wäre er in Folge dessen entweder Versorgungsanstalten, und in ihnen einem Leben geistiger und leiblicher Dürftigkeit anheimgefallen, oder auch den gröbern Arbeitsklassen zugewiesen worden, die nur noch für ihren Körper leben. Als Mitglied des Phalanstère gab dieser Mann seine körperliche Arbeit 10 Stunden des Tags, und war dafür zu allen edleren Genüssen des feinern Lebens berechtigt, zum Umgang mit guten und gebildeten Menschen, zu einem guten Tisch in fröhlicher Gesellschaft, zu einer liebevollen Behandlung

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/107&oldid=- (Version vom 11.5.2019)