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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

von der Oeffentlichkeit, die man solchen Jugendprodukten hier gibt. Ich fürchte, sie könnte Ehrgeiz erwecken und eine Neigung, großes Gewicht auf eine literarische Wirksamkeit zu legen, die viele jugendliche Gemüther bethört, während gleichwohl nur sehr Wenige von der Göttergabe des Genies emporgetragen werden, denn sie ist das Einzige, was sowohl die Literatur als ihre Pfleger zu etwas Tüchtigem emporhebt. Ich fürchte, daß man sie über einem Scheinleben die Schönheit des Lebens vergessen läßt, von welchem Byron in dem herrlichen Verse spricht:

„Viel sind der Dichter, doch ohne den Namen.“

Ich habe mir auch die Freiheit genommen, dieß in einem kleinen Vorwort auszusprechen, das man mich zu einigen dieser für die Oeffentlichkeit bestimmten Compositionen zu schreiben bat.

Und in allen Fällen gelten für alle Schriftsteller die göthischen Worte im Faust:

„Erst müßt Ihr leben und dann könnt Ihr schreiben.“

Diese jungen Mädchen können noch kaum genug gelebt, gefühlt und gedacht haben, um aus eigener Erfahrung, eigenem Glauben und eigener Ueberzeugung zu schreiben. Sie schreiben wie man singt, nach dem Gehör. Gut, vortrefflich ist es, seine Gedanken sich bald klar machen, sich gut und klar aussprechen zu lernen. Und dazu sind diese schriftstellerischen Proben gut. Aber die Oeffentlichkeit, der Druck, das Ausposaunen, das Belohnen u. s. w. ist das auch gut für solche Kinder, für irgend Jemanden oder irgend Etwas?

Da wo wirklich wahres Genie sich findet, da bricht es sich seiner Zeit sicherlich Bahn zu Lorbeeren.

„Denn es ist ein Gott,
Weiß seinen eigenen Weg
Und die Wege aus den Wolken.“

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/116&oldid=- (Version vom 6.7.2019)