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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

vor mir selbst zu bekommen. Aber man muß wirklich stark sein als Fremdling und Gast hier zu Lande.

Vorgestern holte Mrs. L. (eine gute Vertreterin des überwallenden Jugendlebens bei den Bewohnern der neuen Welt) mich und Miß Lynch nach ihrer Villa am Hudson ab. Aber zuerst zu einem Morgenbesuch bei einer reichen Frau, die Morgen-reception hatte, sodann zu einer 80jährigen Quäckerin, der schönsten Matrone, die ich je gesehen habe, einer Dame, die mir in den feinen weißen Quäckerkleidern und ihrem Flor wie ein leibhaftiger Festtag erschien. Ich zeichnete ihren Kopf in mein Album zum großen Vergnügen der Mrs. L., welche die Leute bat, zu kommen und mein Kunstwerk anzusehen, bald auch wieder mich anzusehen, während ich selbst es betrachtete, hierauf fuhren wir in ein großes Irrenhaus, genannt Bloomingdale, und hier war ich entzückt über die in allen Stücken sich kundgebende liebevolle Sorgfalt um die Narren; eine Sorgfalt, in Folge deren diese unglücklichen Geschöpfe der Erde wie die besten Kinder des Hauses behandelt werden. Man hörte aus mehreren Zimmern Musik, denn es gibt eine Menge Klaviere in der Anstalt und die Geisteskranken scheinen an der Musik ganz besondere Freude zu haben; außer dem Haus pflegten sie Blumen und beschäftigten sich mit Pflanzungen in den Gärten, im Haus machten die Frauenzimmer künstliche Blumen. Es war auch ein Museum mit Mineralien, Schnecken, ausgestopften Vögeln und andern Thieren da, überdieß eine Bibliothek und andere Dinge, sämmtlich berechnet, das Interesse der Geisteskranken zu wecken, und sie von ihrer kranken Selbstanschauung zur Anschauung schöner Gegenstände und Beschäftigung mit ihnen zu lenken. Der Park um das Haus war groß und schön, und in den vielen Gängen konnten die Patienten ungestört umherwandeln, die Schönheit des Landes genießen und unter den Bäumen ausruhen. An Blumen war ein wahrer Luxus vorhanden,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/119&oldid=- (Version vom 11.5.2019)