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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

gehen, sondern müsse in dieser Zeit ein wenig allein sein; und sie nahm dieß gut und freundlich auf und sagte es den jungen Mädchen, die es auch artig hinnahmen und mich in Ruhe ließen. Aber ich fürchte, daß die jungen Leutchen hier mit der Natur auf eine Art leben, wie man nicht sollte, und daß sie über Eisenbahnwagen und glitzernden äußern Dingen vergessen, eine Lehrerin und Freundin in ihr zu sehen. Sie würden sonst weniger schwatzen und mehr hören, oder auch etwas mehr Ueberlegung haben. Aber es ist nicht ihre Schuld.

Vormittags wurde ich nebst dem Geschichtsschreiber Bancroft und Anna Lynch von meiner Wirthin im Wagen umhergeführt, um bei verschiedenen Nachbarn Besuche zu machen. Ich sah in ihren schönen Villen eine Menge ausgesuchten Comfort und schönen Luxus, auch an Gemälden und Statuen. An einem Ort aber stieß ich auf eine schreckliche Löwenjägerin, die uns mit Geschwatze, Albums, Bitten um Autographen, Subscriptionen u. s. w. plagte, und uns bis in den Wagen, wohin wir uns flüchteten, verfolgte, indem sie Mr. Bancroft nachrief, er solle ihr doch sagen, wo er wohne. Fahr’ zu, fahr’ zu! riefen wir lachend, und fuhren in aller Hast an die sogenannte „high bridge,“ einer gigantisch hohe Brücke über den Harlem, wo wir ein herrliches Naturschauspiel sahen. Ja, reich und schön erscheint mir die Natur hier. Wer sie nur mit einiger Ruhe und Üeberlegung betrachten dürfte! Aber hier in der Umgegend von New-York wird man jeden Augenblick gezwungen, den Kopf oder die Aufmerksamkeit dem Acquadukt zuzuwenden, der das Wasser von dem Crotonfluß nach New-York leitet, einer großartigen, vortrefflichen Einrichtung, unschätzbar für die große Stadt, für mich aber oft sehr lästig. Doch jetzt weiter auf unsern Weg! Auf der ganzen Fahrt schwatzte, lachte und scherzte unsere Wirthin mit unversiegbarer Lustigkeit. Der Wagen hüpfte auf schlechten Wegen wie ein springendes Kalb über

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/122&oldid=- (Version vom 6.7.2019)