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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

gefehlt hat. Nach der Rede, die mit hinreißender Lebendigkeit und blitzendem Witz aus dem Stegreif vorgetragen wurbe, erhob sich Channing und sagte: wenn die soeben ausgesprochene Lehre christlicher Socialismus sei, so wolle er sie nicht anerkennen; der Gegenstand müsse von Grund aus untersucht werden; nach seiner Ansicht befinde sich der Redner im Irrthum und nächsten Sonntag wolle er die Frage hier aufnehmen, um die Irrigkeit der aufgestellten Grundsätze darzuthun.

Die Sache hat Aufsehen erweckt, denn beide Redner sind Mitarbeiter eines Journals, das der Geist des Jahrhunderts heißt, und beide sind Männer von ausgezeichneten Talenten. Ich bin froh darüber, denn ich bekomme auf diese Art noch einmal Gelegenheit Channing zu hören, bevor ich New-York verlasse, und zwar in einem der interessanteren Gegenstände des Tags.

Den nächsten Brief wirst Du aus Neuengland von mir erhalten. Kommenden Montag reise ich mit Springs dahin ab, um das Dankfest zu feiern. Das Haus des geistreichen edeln Dichters Lowell wird eines der ersten sein, wo ich nach dieser Reise und den Festen ausruhen werde. Ich erhielt von ihm und seiner Frau eine Einladung, als ich noch bei Downings war. Aber dann kann ich kaum noch etwas Andres thun, als von Haus zu Haus fahren. Interessant aber mühsam. Denn man muß immer vollgeladen sein, wenn auch nicht just mit Geist, doch wenigstens mit guter Laune und Kraft, sich in der Gesellschaft angenehm zu zeigen, während man oft so müde und widerwärtig ist, daß man zu nichts anderem taugt, als in einer Ecke zu sitzen und zu schweigen oder zu schlafen. Aber Gott sei Dank gesagt für alles Gute und Erfreuliche! Und um wie viel fröhlicher würde ich nicht dieses Festleben und diese anregenden Eindrücke finden, wenn ich nur wüßte, daß Du, meine gute Agathe, auch fröhlich und ein Bischen munter wärest. Viel können wir in dieser Jahreszeit just nicht

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/129&oldid=- (Version vom 11.5.2019)