Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/137

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

seine Frau war eine feine und anmutige kleine Quäckerin mit dem Gepräge von etwas Friedvollem und Fertigem, was die Frauen dieser Religionssekte auszeichnet und sie für mich besonders anziehend macht; mir gefällt ihr stilles Wesen und das trauliche Du, womit sie Jedermann anreden. Sie hatte ein einziges Kind gehabt und verloren, und jetzt hatte sie einen kleinen Jungen an Kindesstatt angenommen, der sie wie eine Mutter liebte und sich nur in ihrer Nähe recht eigentlich wohl befand.

Der nächste Vormittag wurde mit Besuchen in verschiedenen kleinen Häusern zugebracht, worunter auch mehrere Quäckerwohnungen, die sich alle durch Ordnung und Sauberkeit auszeichneten, aber auch, wie mir schien, etwas Steifes und Leeres hatten, das mich bedrücken würde. Hierauf setzten wir unsere Fahrt nach Oxbridge fort, wo wir das Dankfest feiern sollten. Wir wohnten bei einem neuvermählten Pärchen, einem Doktor und seinem Weibchen, einer Schwestertochter Springs. Sie hatten ihr Haus nach einer von Downings Zeichnungen gebaut, auch ihren Baumgarten nach seiner Anweisung angelegt, und lebten hier allein ohne Bedienung, denn die Frau besorgte alle häuslichen Geschäfte selbst. Und dies soll in kleinen Haushaltungen in den Staaten Neuenglands sehr gebräuchlich sein, theils der Ersparniß wegen, theils weil es ungemein schwer hält, gutes Gesinde zu bekommen. Ich lag bei Nacht in einem kleinen Schlafstübchen, das der Landessitte gemäß keine Feuerstatt hatte. Aber die Nacht war sehr kalt und ich fror dermaßen, daß ich kein Auge zuthun konnte. Dazu überkamen mich während der langen Nacht einige minder angenehme Zweifel, ob ich wohl in die Länge das Leben hier und so Manches, woran ich nicht gewöhnt bin, aushalten könnte. Aber als die Sonne aufging, beglänzte sie ein weißes Kirchlein, das mit seinem spitzen Thurm auf einer Höhe gerade vor meinem Fenster aus dem Fichtenwald

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/137&oldid=- (Version vom 6.7.2019)