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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Einladung von Emerson und seiner Frau in dieses Haus zurückommen, und dann bekomme ich von dieser sphinxartigen Persönlichkeit mehr zu sehen.

Von dem Naturverehrer Emerson, der keiner Kirche angehört und nicht einmal seine Kinder taufen lassen will (weil er die Natur der Kinder für reiner ansieht, als die der gewöhnlichen, herangewachsenen sündigen Menschen) gingen wir ins Nachtquartier zu einem alten, strengen Puritaner, wo wir langen Gebeten anwohnten, die man an der Wand knieend verrichtete. Die einzige Tochter des Hauses, Elisabeth H., ein schönes, edles und angenehmes Mädchen, das mit dem geliebtesten Bruder Emersons verlobt gewesen war und nach seinem Tod keine andere Bande hatte anknüpfen wollen, interessirte mich. Sie ist offenbar ein edles und gehaltvolles Wesen, und ihre Freundschaft für W. Emerson scheint mir etwas sehr Reines und Vollkommenes zu sein. Auch sie hoffe ich im Verlauf des Winters wiederzusehen.

Heute früh sah es in dem idylisch zierlichen Städtchen Concord überall aus wie ein ächter, schwedischer Winter. Miß H. ging mit mir aus und wir besuchten das Denkmal der ersten Opfer, die im amerikanischen Befreiungskrieg starben, denn sie fielen hier, wo der erste blutige Kampf stattfand. Es war jetzt beinahe eingeschneit; Eis und Schnee bedeckten auch den kleinen Fluß, welcher die Stadt verschönt, und den die Indianer Musketaquid oder den grasigen Fluß nannten. Emerson hat einem seiner frischesten und lieblichsten kleinen Gedichte diesen Namen gegeben. Der Spaziergang in der reinen Winterlust, unter den mit glitzerndem Schnee bedeckten Bäumen und an der Seite von Elisabeth H., deren Atmossphäre für mich belebend ist, wie die reine, sonnige Luft, machte mich leicht an Seele und Leib; und so begegneten wir Bergfalk, der ganz warm und vergnügt aus der Frauenzimmerschule in der Stadt kam, wo er junge Mädchen mathematische Probleme

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/146&oldid=- (Version vom 11.5.2019)