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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

glücklicher gemischten Stoff, als der unsrige ist, zu kleiden, in vollkommener Vereinigung mit dem Weltsystem.“

So der edle Idealist, und vielleicht habe ich zu viel von ihm angeführt, während ich dennoch nicht zeigen kann, was er ist. Denn das ist das Merkwürdigste an ihm. Ich habe nichts gegen seine Jungen — die Transcendentalisten; sie sind erfrischend anzuhören und anzusehen, und sie sprechen manche vergessene Wahrheit mit neuem Leben aus. Sie sind das jugendliche Element im Leben, das immer erneuernd wirkt, und sie sehen manche Schönheit, für deren Wahrnehmung ältere Augen nicht mehr klar genug sind. (Ich erinnere mich gehört zu haben, daß Schelling Jünglinge über fünfundzwanzig Jahren nicht als Schüler annehmen wollte. Er glaubte sie einer unmittelbaren Anschauung und Einsicht unfähig). Aber wenn diese jungen heidnischen Alpisten sagen: „Wir leisten das Höchste!“ so sage ich: „Mit nichten! Ihr thut es nicht!“ Ihr sagt: „Wir sind Götter.“ Ich will sagen: „Steiget von euern Höhen herab, um die Welt göttlich zu machen, so will ich euch glauben. Ihr begnüget euch mit eurer vornehmen, abgeschiedenen Stellung und glaubet genug zu thun, indem ihr auf das Ideal hinweiset. Ach! das Ideal ist niemals unbekannt gewesen. Ihr seid arme, sündige, unvollkommene Menschen wie die Andern, und eure Tapferkeit reicht nicht bis zum Herzen des Christenthums, welches das Ideal nicht blos aufzeigt, sondern auch es erreichen hilft, welches nicht blos Alles duldet, sondern Alles überwindet, nicht still sitzt und groß drein schaut, sondern mit seinen Bekennern kämpft und sie ermahnt: Ueberwindet das Böse mit dem Guten.“

Wollen die Transcendentalisten wirklich etwas Neues, etwas Transcendentales schaffen, so müßten sie etwas Höheres schaffen als das; sie müßten in ihrem Menschenideal eine schönere Gestalt darstellen, als diejenige,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/206&oldid=- (Version vom 9.9.2019)