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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Genealogie nicht meine Stärke ist — Mr. und Mrs. Appelton. Es war der erste der schönen Tage, und als ich aus meinem Thore kam, blieb ich ganz verwundert über die Schönheit von Himmel und Luft, die meinen Sinnen entgegentrat, stehen. Ich sagte dem liebenswürdigen Dichter, er müsse es gewesen sein, der dies hervorgezaubert habe. Bei Appeltons sah ich eines der schönsten Hauswesen, die ich noch in Boston gesehen, und ein schönes älteres Paar. Der Herr Invalid, aber mit der freundlichsten Laune, die Frau frisch an Körper und Seele und sehr angenehm; und mit ihnen, mit Longfellow und seiner schönen Frau hatte ich ein sehr gemüthliches kleines Mittagsmahl.

Dieser Tage ließ Longfellow meine Hand in Gips modelliren, denn hier wie an andern Orten herrscht der Irrwahn, daß meine Hände schön seien, während sie doch blos fein und weiß sind. Als ich nach Haus kam, waren meine Zimmer voll von Leuten. Notabene, es war mein Empfangtag, und ich war über die Zeit ausgeblieben. Aber ich war um so artiger, und ich glaube, daß Niemand unbefriedigt wegging. Es war mir an diesem Tage so recht menschenfreundlich zu Muthe. Auch blieben die Menschen bis nach drei Uhr da. Als meine Gäste gegangen waren, kamen die jungen Lowells — das erste Mal nach ihrem Verlust — und Marie stellte einen großen Topf voll der allerschönsten Moose und Wickelflechten auf den Boden, die sie und James auf den Bergen für mich gesammelt hatten, da sie wissen, wie sehr ich sie liebe. Das rührte mich innig, und es rührte mich auch, ähnliche Flechtenarten zu sehen, wie ich selbst auf dem Berg im Park bei Arsta gesammelt habe, und ich konnte nicht helfen, ich benetzte sie mit Thränen. Meine Seele ist wie eine schwellende See, deren Wogen abwechselnd steigen und fallen. Sie werden jedoch von einem und demselben Element getragen.

Gestern Nachmittag war Waldo Emerson bei mir

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/265&oldid=- (Version vom 29.12.2019)