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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

herrlich ihr Schöpfer.“ Und dann dachte ich: Welch ein Poem, welch eine herrliche Romanze ist nicht dieser Welttheil in seinem Naturleben! Welchen Reichthum, welch schöne wechselreiche Scenen schließt er nicht in seinem Schooße ein! Ich war jetzt wieder allein mit Amerika, und Amerika öffnete mir seine Mysterien, und ließ mich seinen Reichthum, das Erbtheil kommender Geschlechter, wahrnehmen.

Der Savannah bildet die Grenze zwischen Carolina und Georgia. In Carolina hatte ich zärtlich geliebte Freunde, aber Georgia liebte ich mehr und wandte mich seinem Ufer als einem freieren, jugendfrischeren Lande zu. Die Fahrt war für mich ein unaufhörliches Fest und ich wollte blos schweigen und genießen. Aber um das zu können, mußte ich im Salon einer Schaar schöner, aber wilder junger Mädchen ausweichen, die auf eigene Faust eine Vergnügungsparthie machten und schwatzend, rufend und lachend hin und hersprangen; und ebenso auf dem Verdeck einigen Herren Plantagebesitzern, die höflich waren und sprechen wollten, aber von nichts als Baumwolle, Baumwolle, Baumwolle sprachen, und wie die Welt sich immer mehr um die amerikanische Baumwolle zu drehen anfange. Ich floh von diesen Baumwolleverehrern und suchte Einsamkeit mit dem Fluß und dem Urwald, mit dem Schatten und dem Licht allda. Unter dem Haufen junger Mädchen war auch ein Jüngling, ein schöner junger Mann, der Bruder oder Verwandte einer von ihnen. Er sollte später am Abend das Schiff verlassen. Die wilden jungen Mädchen hielten ihn fest, umarmten und küßten ihn eine um die andere unter Spiel und Gelächter, während er halb verdrießlich, halb entzückt sich aus ihren Armen loszureißen suchte. Welchen Eindruck mochte wohl der junge Mann von dieser nächtlichen Scene mitnehmen? Gewiß ist es nicht Achtung für das Weib. Einer der ältern Herrn auf dem Verdeck schüttelte den Kopf über

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/424&oldid=- (Version vom 2.4.2020)