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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

mütterliche Natur zu sein. Ich bat sie um Erlaubniß, mich in dem Sklavendorf in der Nähe des Herrschaftsgebändes umzuschauen. Sie bewilligte es kalt und ging mit mir. Die Hände (Hände werden im Süden die Arbeitsneger genannt, Feldhände auf den Plantagen) waren jetzt außen auf dem Feld, um das Korn zu besorgen, und ihre Häuser waren verschlossen. Einige davon waren jedoch offen, und in diese ging ich hinein. In einem von ihnen saß auf seinem Bett ein alter Neger, der ein Fußübel hatte ; er selbst und Alles im Hause trug das Gepräge sorgfältiger Pflege. „Er wird in seinem Alter wohl verpflegt, denn er ist einer von unsern Leuten,“ sagte Mrs. E. laut zu mir, so daß die Neger es hören konnten; „wäre er frei, würde er dann wohl auch gepflegt werden?“ — „Warum?“ dachte ich aber still vor mich selbst, denn ich wollte der Neger wegen nicht laut sprechen. „Auch wir in Schweden haben auf unsern Gütern alte und kranke Diener, und obschon sie frei sind und frei den Lohn genießen, den sie verdienen, so halten wir es nichts destoweniger für Recht und Pflicht, ihnen in ihrer Krankheit und ihrem Alter alle mögliche Pflege angedeihen zu lassen, und wenn sie uns gut gedient haben, dieses Alter so glücklich wie möglich zu machen, soweit unsere Mittel reichen. So wenigstens thun gute Dienstherrn in Schweden. Die schlechten daselbst mögen wie die bösen Sklavenbesitzer hier — dahin fahren, wohin sie gehören.“ Dies hätte ich jedoch Mrs. E. sagen mögen und würde es ihr auch gesagt haben, wenn wir allein gewesen wären, denn ich konnte nicht umhin, in ihr eine etwas stolze, aber im Grund edle Natur zu erblicken, die durch die Unbilligkeit der Abolitionisten gegen die Stellung der Sklavenbesitzer zur Unbilligkeit gegen die Arbeiter getrieben wurde, welche aber die Wahrheit einsehen könnte und müßte, wenn dieselbe ohne polemische Bitterkeit ihrem freien Urtheil unterstellt würde. Aber

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 424. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/428&oldid=- (Version vom 2.4.2020)