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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Nektar und Ambrosia duften in seiner Nähe; er selbst aber bedarf keines Freundes. Er bedarf keines, nicht einmal Gottes; er wird selbst Gott gleich, indem er seiner nicht bedarf; er erobert den Himmel, indem er zum Himmel sagt: ich begehre Dich nicht. In der Natur zeigt er sich als ein Wiederhersteller, er beherrscht und entzückt sie, und sie ist seine Freundin. Mit ihr hat er genug; die Waldesgötter flüstern ihm ihren Frieden und ihre Selbstgenügsamkeit zu, „es gibt kein Hügelchen, das nicht einen Stern über sich hätte“; es gibt keinen Kummer, den nicht das heilige Leben der Natur beschwichtigen kann. Er sagt der stolzen Welt Lebewohl, er tritt Roms und Griechenlands Größe mit Füßen in seiner ländlichen Heimath, wo er „im Gebüsch Gott begegnen kann.“ Emersons Sprache ist gedrängt und kräftig, einfach, aber treffend und klassisch. Die Wendungen sind originell, alte Sachen kommen auf eine so neue und glänzende Art zum Vorschein, daß man sie zum ersten Mal zu hören meint. Die Wünschelruthe des Genies ruht in seiner Hand. Er ist Meister auf seinem Feld. Seine eigentliche Stärke scheint die Kritik zu sein, eine gewisse göttergroße Verachtung und ein maßloser Hohn gegen das Mittelmäßige, Schwache und Erbärmliche, wo er es sieht; und er sieht es in Vielem und in Vielen. Er geißelt es ohne Schonung, aber dabei mit seltener Schönheit. Emersons Leistungen in dieser Richtung sind wahrhaft athletisch und dabei königlich. Sie erinnern mich an unsern König Gustav Adolph den Großen, als er den Soldaten beim Haar nahm und ihn zur Bestrafung übergab mit den freundlichen Worten: „Komm, mein Junge, es ist besser, Dein Körper leidet jetzt Böses, als daß Deine Seele in die Hölle kommt.“ Doch da ist mehr als Emerson, auch in der Absicht der Bestrafung. Wie das nun sein mag, so hat dieser Verächter des Unvollkommenen, Niedrigen und Kleinen,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/47&oldid=- (Version vom 6.7.2019)