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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Berges herabschauten, auf ungefähr die halbe Erde, meinte ich, aber sie sah aus wie ein wogendes Chaos von waldigen Höhen und Thälern, wo man die Menschenwohnungen blos wie kleine helle Flecken unterschied, kaum deutlich für einen unbewaffneten Blick. Solche Aussichten haben, wie Du weißt, immer etwas Bedrückendes für mich. Der Mensch, der in seinem Leiden, in seinem Kampfe so groß ist, verschwindet, von diesen materiellen Berghöhen herab gesehen, zu Nichts, und darum liebe ich sie nicht. Was diese Aussicht hier für mich Erfrischendes hatte, das war der Anblick des Hudson, der wie ein klarer, aus dem Chaos hervorbrechender Gedanke sich aus dem Walde seinen Weg bahnte und glänzend ins Unendliche hinausfloß. Unsere Gesellschaft war etwas zu groß und etwas zu munter für mich. Ich weiß nicht, welche ängstliche Stummheit in solchen fröhlichen Gesellschaften über mich kommt, zumal außen in der Natur. Und hier wäre es mir ein Bedürfniß gewesen, mit dieser großartigen Naturscene allein zu sein. Eine kleine Weile der Einsamkeit theils mit ihr, theils mit Downing, der mit dem Fröhlichen fröhlich und scherzhaft, mit der stillen Natur still sein kann, war für mich ein Leckerbissen auf der Reise, bei welcher übrigens Champagner, Scherze, wie auch solidere gute Dinge für die Zunge, sammt artigen Herrn und schönen jungen Frauen nicht fehlten. Ja, an hübschen Frauenzimmern ist hier wirklich Ueberfluß vorhanden, aber sie sind mehr zierlich fein, als eigentliche Schönheiten. Eine wirkliche Schönheit habe ich hier noch nicht gesehen, aber auch noch nicht ein einziges häßliches Gesicht, eine einzige verwachsene Figur. Was mir besonders gefällt, ist die leichte, freie und dennoch bescheidene, freundliche Art des Umgangs unter der Jugend beider Geschlechter.

Recht tüchtig müde kamen wir Abends von unserer Bergfahrt nach Hause, und schön war die Ruhe in der

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/51&oldid=- (Version vom 9.3.2019)